Rotary Entscheider
Neues aus dem Circus Macksimus
Der Europa-Park wird zur Ganzjahresdestination: Inhaber Jürgen Mack über den neuen Wasserpark, die Herausforderungen der Personalsuche und den Bahnanschluss
Der Europa-Park im südbadischen Rust ist der größte Freizeitpark im deutschsprachigen Raum, familiengeführt, und er gehört zu den besten Freizeitparks der Welt. Durch den Konferenzraum „Circus Macksimus“ geht es raus auf die Terrasse. Aus der Ferne sind Kirmesmusik, das Rattern der Fahrgeschäfte und das Geschrei der Fahrgäste zu hören. Jürgen Mack zieht sein Jackett aus, bestellt einen Cappuccino, dann geht’s los.
Der Europa-Park wurde fünf Jahre nacheinander zum besten Freizeitpark der Welt gekürt. Was machen Sie besser als andere?
Einmalig sind das europäische Themenkonzept, das wir konsequent umsetzen, und die Liebe zum Detail. Seit 45 Jahren setzen wir auf höchste Qualität bei den Fahrgeschäften, im Service und bei den Dienstleistungen. Dazu führen wir bei uns im Haus seit über zehn Jahren Schulungen für Einsteiger, neue Aushilfen und Führungskräfte durch, außerdem Sprachkurse für internationale Mitarbeiter.
Ihr Vater Franz und Ihr Bruder Roland gründeten den Park im Juli 1975 als Schaufenster für den in Waldkirch beheimateten Fahrgeschäftehersteller Mack Rides. Sie wurden belächelt und fanden nicht einmal Pächter für die Gastronomie- und Souvenirbereiche.
Ja, so war das. Das Unternehmen gab es ja schon ab 1780, aber 1972 hatten mein Vater und mein Bruder nach einer USA-Reise die Idee, unsere Fahrgeschäfte in einem Park auszustellen und erlebbar zu machen. Der Park wurde dann ganz bewusst als zweites Unternehmen gegründet. So bekamen wir einerseits zahlende Kunden und konnten andererseits unsere Prototypen in der Nähe der Produktionsstätte zeigen und testen, wie sie ankommen. So lernten wir Geschäftskunden und Endkunden besser kennen, und wir verstanden, was wir besser machen mussten. Diese Hersteller-Betreiber-Verbindung ist bis heute weltweit wohl einmalig.
Dann kamen Jahr für Jahr Themenwelten, Fahrattraktionen und Shows hinzu. Ist dieses organische Wachstum Teil des Erfolgs?
Ja, ganz sicher. Wir haben den Park nach und nach erweitert, neue europäische Themenbereiche ergänzt und richtige Entscheidungen getroffen. Und bei allem, was wir tun, stehen die Gäste im Fokus. Die Gäste kommen mittlerweile nicht mehr nur für die Achterbahnen, sondern auch wegen der Hotels.
Heute stehen mehr als 100 Attraktionen auf 95 Hektar Parkfläche in 18 Themenbereichen. Zum Park gehören sechs Hotels, ein Campingplatz und ein Kino. Der Park hat 4150 Beschäftigte in der Hauptsaison. Als Personalverantwortlicher: Wo finden Sie die nötigen Mitarbeiter?
Das stellt sich zunehmend schwieriger dar. Wir haben nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern ganz allgemein einen Arbeitskräftemangel. Darum rekrutieren wir kreativ, vor allem in der Region und im Elsass. Auf französischer Seite machen wir Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere zur Sprachschulung und im Bereich Hotel und Gastro, aber auch Rekrutierungsver - anstaltungen und Job-Datings. Und wir führen mithilfe von Agenturen Castings in osteuropäischen Ländern durch.
500 Meter neben dem Europa-Park erfüllen Sie sich jetzt den lang gehegten Traum eines Wasserparks. „Rulantica“ eröffnet am 28. November. Was erwartet die Besucher?
Die logische Fortsetzung dessen, was man aus dem Park kennt. In neun thematisierten Bereichen erzählen wir die Geschichte der sagenumwobenen Insel Rulantica. Im Oktober erschien dazu der erste Band einer zweiteiligen Romanreihe, also gibt es eine große Geschichte drum herum. Es gibt insgesamt 17 Rutschen, einige davon spektakulär, einen Strömungskanal als überund unterirdische Themenfahrt, in der man Teile der Story erleben kann. Dazu einen schnellen Wildwasserkanal, ein Wellenbecken, einen Ruhepool in einer Waldlagune mit Poolbar, Gastroangebote und Merchandising. Außerdem wird es einen großen Outdoor-Pool und ein Troll-Land für aktive Kinder geben, quasi einen Wasserspielplatz. Alles ist nordisch thematisiert.
Das klingt nach einer hohen Investition.
Die größte der Unternehmensgeschichte, insgesamt 180 Millionen Euro. 90 Millionen fließen in den Wasserpark, 70 Millionen in die Hotels und Gastronomie und 20 Millionen in die Infrastruktur. Wir brauchen ja Straßen, Parkplätze, Zu- und Abfahrtswege. Wir haben erst ein Drittel der über 45 Hektar großen Gesamtfläche genutzt, der Park ist also erweiterbar.
Welche Ziele verfolgen Sie damit?
Die grundsätzliche Idee ist, den Standort des gesamten Parks zu sichern. Wir wollten eine zusätzliche Attraktion schaffen und so die Aufenthaltsdauer der Gäste erhöhen. Wir wollen aus einem Zweitagesgast einen Dreitagesgast machen. Und durch Rulantica als Ganzjahresangebot sollen die Hotels auch zu Zeiten gebucht werden, in denen der Europa-Park geschlossen hat. Es wird nur einen separaten Eintrittspreis geben, keine Kombitickets mit dem Europa-Park, und Hotelgäste bekommen ein Vorbuchungsrecht. Es heißt, der Europa-Park verfüge über die größte Hotelanlage Deutschlands. Mit dem neuen Hotel „Kronasar“ haben wir 5800 Betten plus 2000 Schlafmöglichkeiten im Camp Resort.
Weshalb diese skandinavische Ausrichtung?
Wir wollten nicht tropisch-karibisch sein, sondern europäisch bleiben. Und als wir die Rulantica-Geschichte hatten, war klar, dass es ein skandinavisch thematisierter Wasserpark werden würde.
Auch für den Wasserpark, das Hotel und die Gastronomie brauchen Sie frisches Personal.
Stimmt, jetzt kommen noch einmal 300 Stellen hinzu. Wir brauchen Operators für Rutschen, Schwimmmeister, Facharbeiter für den Bäderbetrieb und Rettungsschwimmer. Bei einer Recruiting-Nacht mit knapp 400 Bewerbern haben wir gut 40 Prozent von ihnen eingestellt. Bisher sind nur ein Drittel unserer Arbeitsplätze unbefristet, aber das wollen wir jetzt ändern. Wir werden als Arbeitgeber attraktiver, wenn wir ganzjährige Arbeitsverträge anbieten können, die nicht saisonal befristet sind.
Der Investitionsbedarf für bestehende Anlagen wird immer größer. Bleiben da noch Mittel für neue Themenbereiche?
Ja, der Park ist nie fertig, wir werden weiter investieren und unsere Gäste weiter überraschen. Neues wird Altes ersetzen. Durch den Brand im letzten Jahr, der Teile des niederländischen und skandinavischen Themenbereichs zerstört hat, bauen wir „Batavia“ bis nächstes Jahr als Piratenfahrt wieder auf. Batavia war 30 Jahre alt. Wir hatten die Attraktion im Lauf der Jahre immer wieder um Figuren und Effekte erweitert. Der skandinavische Bereich hat bereits wieder eröffnet.
Von den 5,6 Millionen Besuchern pro Jahr reisen die allermeisten im Pkw an, was in Stoßzeiten zu Verkehrsproblemen und Rückstau auf der A5 führt. Seit Jahren drängen Sie auf einen Bahnanschluss. Jetzt hat Bahnvorstand Ronald Pofalla zugesichert, einen ICE-Halt in Ringsheim zur Chefsache zu machen. Wie viele Menschen würden ihn nutzen, und was denken Sie, wann er kommt?
Zwischen 2035 und 2040 soll der Bahnanschluss kommen, aber gesichert ist das noch nicht. Es ist unser Wunsch, weil wir wissen, dass 2,5 Millionen Gäste mit der Bahn anreisen würden. Das wären für die Bahn fünf Millionen An- und Abfahrten pro Jahr. Aber was sind das für Zeiträume? 2040! Warum forciert man das nicht vor dem Hintergrund der Klimadebatte? 2040! Das erlebe ich vielleicht gar nicht mehr. Wir würden uns sogar beteiligen, an der Gestaltung des Bahnhofs und mit einem Shuttle-Service. Für uns hieße das auch, dass wir weniger Pkw-Parkplätze bauen müssten.
Sie wohnen direkt am Park im denkmalgeschützten Schloss Balthasar. Wäre ein bisschen Abstand zum Arbeitsplatz nicht besser?
Ach, nein. Ich empfinde es als vorteilhaft. Ich bin ja auch damals im Elternhaus direkt am Firmengelände aufgewachsen. Jetzt wohne ich halt seit 30 Jahren mit meiner Frau und meinen beiden Kindern im Schloss. So habe ich kurze Wege und kann mittags oft zum Essen bei der Familie sein. Wenn ich Abstand brauche, mache ich Urlaub.
Die Söhne Ihres Bruders sind bereits Teil der Geschäftsführung. Wie steht’s um Ihre Kinder?
Mein Sohn studiert BWL und könnte im Personal- und Finanzbereich einsteigen. Meine Tochter macht Wirtschaftspsychologie – beide wollen Führungsverantwortung im Park übernehmen.
Im Juni wurde das Unternehmen in eine Familienstiftung überführt. Aus welchem Grund?
In erster Linie, um den Erhalt zu sichern. Falls es einmal Meinungsverschiedenheiten gibt, soll der Fortbestand in Familienhand langfristig gesichert werden. Die Stiftung vereinfacht vieles.
Welcher ist Ihr Lieblingsort im Park?
Es kommt immer auf den Zusammenhang an. Aber ich glaube, es ist der Schlosspark, weil ich dort lebe. Er ist die Ruhezone des Parks.
Und wie viele Clubmeetings schaffen Sie?
Die Präsenz könnte besser sein. Ich würde gern öfter auftauchen, aber ich habe eine Sieben-Tage-Woche, und das Geschäft geht halt vor. Dafür versuche ich, ab und zu ein Außenmeeting anzubieten und im Park hinter die Kulissen schauen zu lassen.
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