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Interview

„Potenzial vor Portemonnaie“

Interview - „Potenzial vor Portemonnaie“
Peter Krön, RC Salzburg © Rotary Verlag

Gibt es ein österreichisches Rotary? Und im Gegensatz dazu ein deutsches? – Klärungsversuche im Interview mit Past-RI-Direktor Peter Krön, RC Salzburg

Matthias Schütt01.09.2017

Freund Krön, gibt es ein spezifisch österreichisches Rotary – im Unterschied etwa zu einem deutschen?
Eigentlich nicht. Wir teilen dieselbe mitteleuropäische Kultur, was sich auch in ähnlichen Einstellungen zu Rotary zeigt. Unterschiede ergeben sich nur in der geografischen Ausrichtung. Deutschland schaut vornehmlich nach Westen, wir in die südöstliche Richtung. Das lässt sich ganz aktuell bei der Diskussion über die Neuordnung der Rotary-Zonen beobachten.

Das müssen Sie erläutern.
Während unsere Freunde im Norden eine starke deutschsprachige Zone mit uns anstrebten, wollen wir in Österreich die Gemeinschaft mit den Ländern nicht verlieren, die uns traditionell verbunden sind und mit denen
wir Rotary nach dem Fall des Eisernen Vorhangs – nach 1925 und 1945 –zum dritten Mal wieder aufgebaut haben: Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Kroatien, Bosnien. Nach unserer Geschichte sind wir in beiden Sphären zu Hause, also praktisch Vermittler zwischen Ost und West.

Können Sie das österreichische oder auch mitteleuropäische Verständnis von Rotary skizzieren?
Wir setzen auf die einfache rotarische Botschaft, wie sie aus den fünf Dienstzweigen hervorgeht: Freundschaft, berufliche Integrität, soziale Verantwortung, Völkerverständigung, Förderung der Jugend. Diese Botschaft, die in allen Kulturen und Religionen akzeptiert ist und damit den Inbegriff rotarischer Toleranz darstellt, droht verschüttet zu werden unter ständig neuen Plänen und Konzepten, die immer wieder darauf ausgerichtet sind, mehr Geld zu erwirtschaften. Die ewige Predigt aus Evanston, mehr Mitglieder aufzunehmen, ist kurzsichtig. Wenn die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft nicht vorliegen, sind die neuen Leute schnell wieder weg. Wir müssen Ausschau halten nach starken und interessanten Persönlichkeiten und uns Zeit lassen, einander kennenzulernen. Dann steht die Entscheidung für Rotary zumeist auf einem dauerhaften Fundament – vorausgesetzt, die „Neuen“ erleben aktive und interessante Clubs. Dass wir damit richtig liegen, zeigen die Zahlen: Österreich gehört – mit Deutschland – zu den wenigen Regionen weltweit, die per saldo noch hinzugewinnen.

Kritiker würden darin vielleicht das Klischee der elitären Exklusivität bestätigt sehen.
Ganz und gar nicht. Wir schauen ja nicht in erster Linie auf die Position eines neuen Mitglieds, sondern auf den Menschen: „Potenzial vor Portemonaie!“. Sie müssen zu Rotary und zu ihrem Club passen und die oben
beschriebene Botschaft als Aufgabe annehmen. Es geht um das Bemühen, die bewährten Prinzipien Rotarys heute zu verwirklichen, nicht 1905, und die Welt – da und dort – ein wenig gerechter zu machen.
Als wohlsituierte Bewohner Mitteleuropas sind wir manchmal versucht, unsere Privilegien zu verteidigen, statt die Probleme anderswo - offensiv, helfend, Chancen ermöglichend - anzugehen. Da brauchen wir die Intelligenz und das Engagement gerade auch der jungen Leute in neuen Berufen und jedenfalls der engagierten Frauen. Ich finde es enttäuschend, dass sich in Österreich immer noch so viele Clubs schwertun, Frauen aufzunehmen. Das macht einen Serviceclub, der die berufliche und soziale Kompetenz in den Mittelpunkt stellt, unglaubwürdig.

Noch eine persönliche Frage: Stimmt es eigentlich, dass Sie eine familiäre Verbindung zu den Rotary-Gründern in Wien haben?
Ja, mein Großvater mütterlicherseits, Dr. Anton Apold, war Mitglied des RC Wien und in meinem Geburtsjahr 1928 dessen Präsident. Da ich bei der Auflösung Rotarys 1938 nicht einmal zehn Jahre alt war, habe ich davon praktisch nichts mehr mitbekommen. Außer, dass Rotary doch etwas Besonderes sein müsse. Als ich dann 1963 Gründungssekretär des RC Bruck/Mur wurde, schenkte mir meine Großmutter Manschettenknöpfe meines Großvaters mit dem Rotary-Rad. Das ist mein familiäres rotarisches Erbe.

Das Gespräch führte Matthias Schütt.

 


Peter Krön, RC Salzburg, ist promovierter Jurist und war in seinem Berufsleben über viele Jahre für die Kulturarbeit im Bundesland Salzburg verantwortlich. Er ist seit 1963 Rotarier und war u.a. von 2001 bis 2003 RI-Direktor und Mitglied im Executive Committee. Peter Krön wurde u. a. mit dem Service Above Self Award ausgezeichnet.

 

Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.