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PR-Kampagne

Höchste Eisenbahn für Rotary

„Geht in die Öffentlichkeit“, rufen die Governors. Mithilfe jedes einzelnen Rotariers und eines PR-Konzepts wollen sie Rotary bekannter machen. Das Instrument dafür ist die Vor­zeige-Kampagne „End Polio Now“

Matthias Schütt11.12.2012

Die Zahlen sind eindeutig und sie sind schlecht: Rotary wird in der erwachsenen Bevölkerung allenfalls als Randgruppe wahrgenommen. Nach der jüngsten repräsentativen Umfrage für Deutschland haben nur 34 Prozent der Befragten eine Vorstellung von Rotary, und von diesem Drittel weiß nur jeder Vierte, dass Rotary gemeinnützige Projekte verfolgt. Kein Wunder, dass sich rund 80 Prozent nicht vorstellen können, einen Club finanziell oder durch Mitarbeit zu unterstützen und dass gar 90 Prozent eine Mitgliedschaft ausschließen. Was tun, haben sich die Governors 2012/2013  gefragt und eine PR-Aktion konzipiert, bei der die rund 1000 deutschen Clubs wie schon einmal 2009 bundesweit auf die Straße gehen sollen. Sie sollen zeigen, wer hinter diesen so „mysteriösen“ Rotary Clubs steht, was die Rotarier wollen und was sie tun.

Man kann die Suche nach Aufmerksamkeit nicht einfach als Eitelkeit abtun, denn es geht dabei um ernste Fragen: Wenn 90 Prozent Rotary für sich ausschließen, schmilzt der Kreis der möglichen Spender. Höchste Eisenbahn also, gegenzusteuern und Rotary mehr ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.

Noch kein Ende für Polio

Eisenbahn ist ein zentrales Stichwort. Tatsächlich steht eine Lokomotive der Deutschen Bahn im Mittelpunkt des PR-Konzepts, das die Governor-Crew erarbeitet hat. Sie ist mit der markanten Aufschrift: „Wir sind fast am Ziel. Steigen Sie ein. Für eine Welt ohne Kinderlähmung“ im wahrsten Sinne des Wortes das Zugpferd, das mit einer eingängigen Botschaft zum einen das humanitäre Engagement der Rotarier herausstellen und zum anderen um Spenden für unser Schwerpunktprojekt werben will.

Schon wieder Polio – man kann es förmlich hören, wie die Freundinnen und Freunde in den Clubs die Luft anhalten. Gerade erst haben sie die sogenannte „Gates Challenge“ bewältigt – ein Kraftakt, mit dem in vier Jahren weltweit 228 Millionen US-Dollar unter dem Slogan „End Polio Now“ gesammelt wurden. Und doch: kein Ende für Polio – vorerst. Noch immer gibt es trotz aller Fortschritte neue Infektionen, auch wenn die Zahlen immer kleiner werden. Nicht kleiner werden allerdings die Finanzierungslücken für die weiter notwendigen Impfungen.

Unser Bild in der Öffentlichkeit

Ein gewisser Überdruss ist also verständlich, auch wenn die Organisatoren um Governorin Barbara Groth (RC Berlin-Alexanderplatz) immer wieder betonen: „Es geht in dieser Kampagne nicht um neue Spenden für Polio. Es geht um Rotary und das Bild, das die Öffentlichkeit sich von Rotary zeichnet. Andererseits: Mit welchem Thema könnten wir besser unser gesellschaftspolitisches Engagement und das Leistungsvermögen des Rotary-Netzwerks herausstellen?“ Dass dabei auch weiter Spenden gesammelt werden sollen (und müssen), versteht sich von selbst. Für die gesamte Aktion haben elf Distrikte einen gemeinsamen PR-Grant von Rotary International über 135.520 Euro erhalten, wobei die Distrikte den Betrag um jeweils 3800 Euro aufstocken müssen. Das Geld ist überwiegend für das Branding der Lok, die Produktion von Flyern und Plakaten, Radio- und TV-Spots sowie für Anzeigen vorgesehen.

Die Werbeagentur Ogilvy & Mather Advertising aus Frankfurt/Main hat als Partner – und für Rotary kostenlos – das Thema Polio in eingängige Werbebotschaften umgesetzt. Mit Plakaten, die zum Beispiel in Arztpraxen ausgehängt werden können und auch an den eigenen Impfschutz erinnern: „Wer braucht heute noch eine Polio-Impfung? Hunderttausende Kinder – und Sie!“ Für den kreativen Kopf dahinter, Peter Strauß, ist die Kampagne eine „spannende Geschichte“, weil es um ein vergessenes Thema geht und eine unterschätzte gesellschaftliche Kraft, die mit diesem Projekt allemal Aufmerksamkeit verdient. Die Erfolgschancen sehen die Ogilvy-Manager positiv und verweisen auf den sogenannten „Bandwagon-Effekt“: „Menschen schließen sich eher einer Sache an, die nachweislich bereits gut läuft und viele Anhänger überzeugt hat. Beides trifft auf ‚End Polio Now’ mustergültig zu.“



Vielzahl an Veranstaltungen

Das ist der Ansatz, der sich an jedem einzelnen Infostand auszahlen kann – wenn die Clubs denn den Schritt in die Öffentlichkeit tun. Sie müssen dazu im Grunde nur an den Polio-Tag von 2009 anschließen, den die damalige Governor-Crew organisiert hatte und der nicht nur mit der Spendensumme die „Erwartungen übertroffen“ hatte, wie der damalige Bericht im Rotary Magazin überschrieben war. Damals ging es zwar ganz gezielt hauptsächlich um Polio, und doch war die Tatsache, dass die Rotary Clubs mit einer Vielzahl interessanter Veranstaltungen endlich einmal ein Gesicht zeigten, die Voraussetzung für einen erstaunlichen Erfolg.

Die Rotary-Lokomotive fährt seit dem 26. Oktober für ein ganzes Jahr im Intercity-Verkehr der Deutschen Bahn. Mit dem Abfahrtsignal nach einer Pressekonferenz in Hamburg fiel auch der Startschuss für die Kampagne, zu der die Clubs jetzt den entscheidenden Beitrag leisten sollen. Deshalb der Appell von Barbara Groth: „Gehen Sie in die Öffentlichkeit, informieren Sie über Rotary und Ihre Clubprojekte. Aber weisen Sie (auch) auf Polio hin und dass Infektionsrisiken auch hier und heute noch bestehen. Und sammeln Sie Spenden, wenn Passanten sich spontan überzeugen lassen, dass unsere Kampagne den Einsatz wert ist.“

Zwei Termine bieten sich neben all den von den Clubs schon verplanten Benefizveranstaltungen an: Der Rotary-Tag am 23. Februar und ein bundesweiter Aktionstag am 4. Mai, bei dem die neue Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn in Informationsfahrten zwischen verschiedenen Städten mit einem bunten Programm an den Zielpunkten umgesetzt werden soll. Dabei werden die Mitglieder der im Bundesverband Poliomyelitis e.V. organisierten Selbsthilfegruppe der Polio-Betroffenen mit an Bord sein. Sie sind die natürlichen Verbündeten der Clubs und stehen für gemeinsame Aktionen auch jetzt schon zur Verfügung. Wie sicherlich noch andere regionale und lokale Unterstützer und Sponsoren.


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Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.