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von Martin Hoffmeister |
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In Zeiten von grassierendem Narzissmus freut man sich über jedes Gespräch, das mehr darstellt als nur eine Simulation von Austausch.

Wo Selbstdarstellung in den Mittelpunkt rückt, bleiben Erkenntnis, Dialektik der Standpunkte und die inspirierenden Überraschungspotenziale des Volatilen allenthalben auf der Strecke. Als Zeit-Chefredakteur genießt Giovanni di Lorenzo hohen Respekt, auch bei der Konkurrenz. Mit Besonnenheit und Sachlichkeit, Stil und verbaler Verve navigiert und positioniert er das Blatt sicher in rauen Zeiten. Der aktuelle Gesprächsband präsentiert beispielhaft, wofür Dialogkultur und journalistische Güte stehen können. Ob an der Seite Angela Merkels, Recep Tayyip Erdoǧans, Udo Jürgens’, des Papstes Franziskus oder des Dirigenten Riccardo Muti: Der Autor erweist sich über die heterogenen Dialogpartner und Themen hinweg als idealtypischer Fragesteller. Ohne impertinent eine Richtung einzufordern oder in gebieterischer Hoffart sich an eigener Expertise zu berauschen, vermag er mit gebotener Freundlichkeit, Offenheit und Empathie ebenso entlang gewinnender Beharrlichkeit unbekannte und/oder verschlossene Charakter- und Persönlichkeitsräume seines prominenten Gegenübers aufzuschließen.

„Family affairs“, das zeigen Musikgeschichte ebenso wie Interpreten-Paarungen, stehen nicht selten für künstlerische Verdichtung, kreative Potenziale und entsprechende Erfolge. Mit solitärem Repertoire im Gepäck verabredete sich das Ehepaar Michael Barenboim und Natalia Pegarkova-Barenboim 2022 im Berliner Maison de France, um eine erste gemeinsame CD einzuspielen: Auf der Agenda stand eine Auswahl von Felix Mendelssohns Lieder ohne Worte, bearbeitet für Violine und Klavier von Ferdinand David. Letzterer überführte die für Klavier solo konzipierten Stücke entlang seiner Arrangements in neue, überraschende und wirkmächtige Klang- und Ausdrucksdimensionen. Nehmen die Preziosen ohnehin ein durch Sanglichkeit, berückende Clarté, koloristischen Reichtum und Nuancenvielfalt, so intensiviert die vorliegende Fassung nicht nur Ausdruckswerte und Varianz, sondern kreiert überdies subtile dialogische Wendungen. Barenboim und Pegarkova agieren in beispielhaftem Einvernehmen nie vordergründig und kosten die Details des Notentextes aus.

Zwei Namen, ähnliche Ideen: Noch immer diskutiert die Kunstwelt, ob die schwedische Malerin Hilma af Klint oder Wassily Kandinsky als Begründer der abstrakten Kunst gelten müssen. Fraglos avancierte der russische Blaue-Reiter-Protagonist bereits zu Lebzeiten mit visionären Werken, während af Klint testamentarisch verfügte, dass ihr nonfiguratives Œuvre erst 20 Jahre nach ihrem Tod öffentlich präsentiert werden dürfe – ein imposantes Konvolut, das erst durch eine Schau im New Yorker Guggenheim Museum vor ein paar Jahren größere Bekanntheit erlangte. Die Doppelausstellung in der Düsseldorfer Kunstsammlung NordrheinWestfalen ermöglicht erstmals, sich ein Bild zu machen von den heterogenen Schaffenswelten und Vergleiche anzustellen entlang von Gemälden, Aquarellen und Zeichnungen.

Die Gesprächs-Podcasts des öffentlichrechtlichen Rundfunks definieren die journalistische Messlatte des Genres. Von beispielhaftem Zuschnitt erweist sich die Reihe Zeitzeugen im Gespräch des Deutschlandfunks. In dem knapp einstündigen Format werden gesellschaftliche, politische und kulturelle Themen und aktuelle Alltags-Sujets verhandelt. Im Gespräch mit führenden Journalisten fokussieren Wissenschaftler, Politiker, Zeitzeugen, Schriftsteller, Musiker oder Unternehmer auf die Tiefendimensionen ihrer Arbeits- und Fachgebiete.


  1. Buch: Giovanni di Lorenzo, Vom Leben und anderen Zumutungen, Kiepenheuer & Witsch, 352 S., 25 Euro
  2. CD: Felix Mendelssohn, Arr. Ferdinand David, Lieder ohne Worte, Michael Barenboim, Natalia PegarkovaBarenboim, Linn Records, CKD 696
  3. Ausstellung: „Hilma af Klint und Wassily Kandinsky: Träume von der Zukunft“, Düsseldorfer Kunstsammlung NordrheinWestfalen, 16.3.–11.8.24, kunstsammlung.de
  4. Podcast: Deutschlandfunk, DLF – Zeitzeugen im Gesprächdeutschlandfunk.de/Zeitzeugen-im-Gespraech
Martin Hoffmeister

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