Neues aus Bröckedde - Folge 54
Wikipedia
Bröckedde liegt im Herzen Deutschlands – dort, wo Rhein und Donau in den schönen Bröckeddesee münden. Hier trifft sich im Bröckedder Hof der RC Bröckedde zum Meeting – jeden Mittwoch um 13 Uhr im Salon Hindenburg.
Freund Valckenberg war neu im Club. Bei einem Meeting zeigte sich Freund Munzinger interessiert an seiner Vita und meinte leichthin: „Na, das Wesentliche über Sie finde ich sicher bei Wikipedia.“
Valckenberg war bestürzt, denn über ihn stand rein gar nichts in diesem Internet-Lexikon. Zu Hause surfte er in Wikipedia und stellte fest, dass ein Eintrag offenbar zu den Grundvoraussetzungen zählte, um im Club mitreden zu dürfen. Clubdichter Wälzer war mit allen seinen 23 Romanen vertreten, bei Dr. Krümelein rühmte das Lexikon seine bahnbrechende Dissertation zum Thema „Der Krümmungsgrad der Saarschleife in Mettlach“. Freund Boppert, der führende Bäcker von Bröckedde, glänzte als Erfinder eines Streuselkuchen-Schnellbackverfahrens. Lang war der Eintrag über Ehrenpräsident Papke, inklusive der ehrenvollen Erwähnung im Wehrmachtsbericht vom 7. 05. 1941.
Bebildert gar war der Beitrag über Freund Munzinger und sein Wirken als Global Player. Ein schönes Foto zeigte ihn im eleganten Anzug, aber mit einer schlichten Swatch-Uhr.
Dagegen fiel Valckenberg mächtig ab. Er war Dipl. Ing. bei einem großen Autobauer und hatte dort das Arbeitsgebiet Torsionssteifigkeit von Hinterachsen. Auf der IAA in Frankfurt leitete er stets das Symposium „Torsionssteifigkeit von Hinterachsen“. Seinen ersten Vortrag im RC Bröckedde hatte er über „Torsionssteifigkeit von Hinterachsen“ gehalten.
Doch nun wollte auch er in Wikipedia. Er bat Freund Ullensbach, den PR-Spezialisten im Club, um Formulierungshilfe. Der kreierte rasch 266 druckreife Zeilen über Valckenberg als „deutschen Hinterachsen-Papst“. Valckenberg war geschmeichelt und fühlte sich gleich viel besser.
Dann erfuhr er aber, dass in Wikipedia jeder die Einträge kritisch lesen und eigenhändig ändern konnte. Plötzlich stand bei Wälzer: „22 der 23 Romane schrieb vermutlich seine Frau“, und beim Munzinger-Eintrag wurde angemerkt: „Vor zwei Wochen trug er noch eine Rolex.“
Dr. Krümeleins Dissertation wurde mit dem Hinweis „leider nicht mal cum laude“ versehen. Härter traf es Bopperts Schnellbackkuchen, zu dem es hieß: „So schmeckt er auch.“
Valckenberg verließ der Mut. Und so kam es, dass bis heute in Wikipedia bedauerlich wenig über die Torsionssteifigkeit von Hinterachsen zu lesen ist.
Valckenberg war bestürzt, denn über ihn stand rein gar nichts in diesem Internet-Lexikon. Zu Hause surfte er in Wikipedia und stellte fest, dass ein Eintrag offenbar zu den Grundvoraussetzungen zählte, um im Club mitreden zu dürfen. Clubdichter Wälzer war mit allen seinen 23 Romanen vertreten, bei Dr. Krümelein rühmte das Lexikon seine bahnbrechende Dissertation zum Thema „Der Krümmungsgrad der Saarschleife in Mettlach“. Freund Boppert, der führende Bäcker von Bröckedde, glänzte als Erfinder eines Streuselkuchen-Schnellbackverfahrens. Lang war der Eintrag über Ehrenpräsident Papke, inklusive der ehrenvollen Erwähnung im Wehrmachtsbericht vom 7. 05. 1941.
Bebildert gar war der Beitrag über Freund Munzinger und sein Wirken als Global Player. Ein schönes Foto zeigte ihn im eleganten Anzug, aber mit einer schlichten Swatch-Uhr.
Dagegen fiel Valckenberg mächtig ab. Er war Dipl. Ing. bei einem großen Autobauer und hatte dort das Arbeitsgebiet Torsionssteifigkeit von Hinterachsen. Auf der IAA in Frankfurt leitete er stets das Symposium „Torsionssteifigkeit von Hinterachsen“. Seinen ersten Vortrag im RC Bröckedde hatte er über „Torsionssteifigkeit von Hinterachsen“ gehalten.
Doch nun wollte auch er in Wikipedia. Er bat Freund Ullensbach, den PR-Spezialisten im Club, um Formulierungshilfe. Der kreierte rasch 266 druckreife Zeilen über Valckenberg als „deutschen Hinterachsen-Papst“. Valckenberg war geschmeichelt und fühlte sich gleich viel besser.
Dann erfuhr er aber, dass in Wikipedia jeder die Einträge kritisch lesen und eigenhändig ändern konnte. Plötzlich stand bei Wälzer: „22 der 23 Romane schrieb vermutlich seine Frau“, und beim Munzinger-Eintrag wurde angemerkt: „Vor zwei Wochen trug er noch eine Rolex.“
Dr. Krümeleins Dissertation wurde mit dem Hinweis „leider nicht mal cum laude“ versehen. Härter traf es Bopperts Schnellbackkuchen, zu dem es hieß: „So schmeckt er auch.“
Valckenberg verließ der Mut. Und so kam es, dass bis heute in Wikipedia bedauerlich wenig über die Torsionssteifigkeit von Hinterachsen zu lesen ist.
Alexander Hoffmann (RC Frankfurt/Main-Römer) ist korrespondierendes Mitglied des RC Bröckedde. Nach langen Jahren als politischer Redakteur bei namhaften Tageszeitungen (zuletzt "Süddeutsche Zeitung") ist Hoffmann heute als Unternehmensberater tätig. Daneben zahlreiche Sachbuchveröffentlichungen zu den Themen Zeitgeschichte und Medizin sowie satirische Beiträge für den Rundfunk. Dem satirischen Düsseldorf-Roman "Der Wolkenschieber" folgten 2019 der Krimi "Hopfen, Malz & Blut" und 2020 der Krimi "Phantom im Wiehengebirge". 2021 erschienen der Krimi "Bommfördes Erbe" und der Roman "Brillanter Abgang". 2022 folgte der Wirtschaftskrimi "Mainopoly". 2023 erschienen der Krimi "Tödliche Eisernte" und die Katzennovelle "Der Chef bin ich".
Copyright: privat www.hoffmannschreibt.de
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