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„Digitalpakt kommt zwei Jahre zu spät“
Die Coronakrise stellt das Schulsystem vor enorme Herausforderungen. Im Gespräch mit Björn Lange erklärt Markus Fichter, wie seine Grundschule sie bewältigt und was sich aus der Krise lernen lässt
Während der Corona-Krise sind die staatlichen Schulen in Deutschland geschlossen, eine neue Situation für Lehrer und Schüler. Hartnäckig hält sich in Teilen der Bevölkerung die Meinung, dass die faulen Lehrer, die ohnehin so viel Ferien haben, nun noch weniger arbeiten. Wie sieht der Lehreralltag in Zeiten von Corona aus?
Grundsätzlich ist der Lehreralltag eine herausfordernde Aufgabe mit vielen Facetten. Erziehen, lehren, unterrichten, diagnostizieren, seelsorgen, fördern und fordern, einbinden außerschulischer Partner und Institutionen, zusammenarbeiten mit der Jugendhilfe, beraten von Erziehungsberechtigten und vieles mehr prägen den Alltag. Ein Blick hinter die Kulissen wäre hier für viele Kritiker, die dies äußern, heilsam. Gute Schulen nehmen ihre Aufgabe auch in der Corona-Krise sehr ernst, unterrichten online, packen Materialpakete digital und analog, verteilen diese – und dies differenziert und individualisiert – erstellen Tutorials, halten den Kontakt zu den Eltern, Schülerinnen und Schülern und der Jugendhilfe und beraten diese. Ergänzend organisieren Sie die Notbetreuung für die systemrelevanten Berufe.
Sie sind Rektor einer großen Grundschule. Wie muss man sich bei Ihnen den Unterricht vorstellen?
Das Wichtigste für die Arbeit in der Grundschule ist eine gute Kommunikationsstruktur zu den Eltern und Schülern. Dies gilt sowohl in der regulären Schulzeit als auch in Corona-Zeiten. Unsere neue Schul-App „Pestalozzischule Eisenberg“ aus dem März dieses Jahres unterstützt uns hier täglich. Über diese können Schüler- und Elternberatungen datensicher und individuell erfolgen, oder diese können sich auch über einen Klassenchat austauschen. Damit sind die Lehrkräfte stetig in der Beratungs- und Unterstützungsfunktion. Die individuellen, digitalen Materialpakete können damit über die Schul-Cloud und -App verteilt werden. Auch der Weg des Hochladens von Ergebnissen zu den Lehrerinnen und Lehrern ist möglich. Zwei bis drei Mal in der Woche haben alle 16 Klassen von Stufe eins bis vier eine Schüler-Eltern-Online-Informationsstunde.
Deutsche Schulen sind bei der Digitalisierung unterschiedlich weit. An vielen ist die Infrastruktur diesen Herausforderungen offenbar nicht gewachsen.
Zugegeben hat meine Schule als Ganztagsschule, Schwerpunktschule mit dem Profil der Medienkompetenzschule eine gute Infrastruktur mit interaktiven Whiteboards, WLAN und 130 Tablets. Diese werden im Unterricht genutzt, und die Schülerinnen und Schüler können diese erworbenen Kompetenzen jetzt auch von
zu Hause nutzen. Zur optimalen digitalen Umsetzung kommt der Digitalpakt für viele Schulen zwei Jahre zu spät. Aber dies konnte in Bezug auf Corona niemand vorher wissen. Auch meine Lehrkräfte haben in dieser neuen Situation viele neue Schritte in der Umsetzung der Digitalisierung in den letzten vier Wochen gemacht – die wir so nicht erwartet hätten. Dies gilt sicher für jede deutsche und österreichische Schule.
Braucht es nicht überall Online-Lernplattformen und Unterricht via Zoom oder einer anderen Konferenzsoftware?
Hier sage ich, dass dies definitiv notwendig sein muss – auch in Zeiten ohne Corona. Lehrerkonferenzen, Dienstbesprechungen, Stufen- und Abteilungskonferenzen und Teambesprechungen sind hier beispielsweise sinnvoll durchführbar. Wir haben dieses Tool daher auch in unsere Schul-App integriert. Datensicherheit muss natürlich hergestellt sein.
Wie stehen Sie zu dem Beschluss der Bundesregierung, den Schulbetrieb ab Mai langsam wieder zu öffnen?
Den Beschluss der Bundesregierung sehe ich sehr positiv. Um diesen umzusetzen, brauchen wir Zeit, um die Schulen umzustrukturieren und die notwendigen Hygienemaßnahmen umzusetzen und einzuhalten. Dazu gehören das Einhalten des Abstands, erweiterte Hygienepläne, Desinfektionsmittelspender für jedes Klassenzimmer, Sicherstellung von Warmwasser für die Klassen und Toiletten, der Situation angepasste Schülertransporte, Mittagessen, erweiterte Notbetreuung und veränderte Klassenstrukturen. Des Weiteren müssen die Einsatzpläne für die Lehrkräfte, die nicht zu den Risikogruppen gehören, neu auf die Lerngruppen angepasst werden.
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