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Stuttgart

„Am Recht besteht kein Mangel“

Stuttgart - „Am Recht besteht kein Mangel“
Ferdinand Kirchhof, Bundesverfassungsrichter a. D. © RC Stuttgart-Weinsteige

Ferdinand Kirchhof betonte beim 7. Weinsteige-Gespräch den Schutz der Menschen- und Grundrechte

Immo Eberl01.02.2019

Die vom Rotary Club Stuttgart-Weinsteige veranstalteten „Weinsteige-Gespräche“ haben inzwischen eine besondere Bedeutung im Wirken von Rotary weit über Stuttgart hinaus erreicht. Das Fazit in diesem Jahr lautete: „Am Recht besteht kein Mangel – nur mit der Durchsetzung hapert es“ – und ließ den Zuhörer sorgenvoll zurück. Der Referent des Gesprächs, Ferdinand Kirchhof, Rechtswissenschaftler und ehemaliger Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, wies auf die Attacken auf die Grundrechte hin und ebenso auf die populistischen Strömungen.

Die Vorgänge in Polen seien ein treffliches Beispiel und gleichzeitig ein Beispiel für den Bruch mit den Prinzipien europäischer Verträge, führte er aus. Aber auch Landtagsabgeordnete in Deutschland gefallen sich in wortstarker Richterschelte. Was einem nicht passe, würde niedergemacht oder missachtet. Kirchhof mahnte: „Wenn Urteile nicht befolgt werden, zerbricht der Rechtsstaat.“ Dieser mache es einem aber auch nicht leicht, wenn man zum Beispiel an die Beleidigungen in den sozialen Medien denkt. Die Crux der Freiheitsrechte, seine Meinung frei äußern zu dürfen, bedinge auch, dafür nicht belangt zu werden. „Die Grundrechte wollen den Freiheitsbereich schützen“, so Kirchhof.

Wie sich der Einzelne darin bewege, dürfe er selbst entscheiden. Die anderen müssten das ertragen, wobei die Grenzen in manchen Fällen recht weit erscheinen, sagte Kirchhof. Der Referent sah den Staat trotzdem in der Pflicht, den Grundrechten stärker zur Durchsetzung zu verhelfen. Nicht gegenüber dem Staat selbst („Da sind wir gut“), dafür aber im privaten Raum gegenüber den Global Playern wie den Datensammlern von Google oder Facebook. Kirchhof wies auf die Bemühungen der obersten Gerichte hin, die unterschiedlichen Menschenund Grundrechte in Europa unter einen gemeinsamen Schutzschirm zu bringen.

Bewährtes bewahren
Es gäbe dazu den „Dialog der Gerichte“ zwischen dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (Straßburg), dem Europäischen Gerichtshof (Luxemburg) und dem Karlsruher Bundesverfassungsgericht.

Clubpräsidentin Gertrud Bühler forderte die zahlreichen Zuhörer auf, im eigenen Umfeld deutlich werden zu lassen, was ihnen Rechtsstaat und Demokratie wert seien. „Bewährtes weiter bewahren helfen“ sei ein wirklich rotarischer Auftrag für das weitere Wirken auf allen Ebenen.

Nach einem Protokoll von Markus H. Ostrop (RC Stuttgart-Weinsteige)

Immo Eberl
Immo Bernhard Eberl, geb. 1947, Studium an der Universität Tübingen (Geschichte, Germanistik, Kirchenrecht und Rechtswissenschaft - M.A.). Später Erstes Staatsexamen in Geschichte und Germanistik. 1976 Promotion und Habilitation zum Dr. phil. habil. Ernennung zum apl. Professor 1990. Arbeit an der Uni Tübingen, unter anderem am Historischen Seminar, Abteilung für mittelalterliche Geschichte sowie als Geschäftsführer des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde. Tätigkeit als Leiter des Stadtarchivs Ellwangen (Jagst) bis 2015; nebenamtlich Leiter der Volkshochschule Ellwangen. Bis heute Lehrtätigkeit an der Uni Tübingen, an der Hochschule für Politik München, der Phil.-Theol. Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz im Wienerwald.
Mitglied im RC Ellwangen seit 1994, Club-Präsident 2009/2010, Paul-Harris-Fellow. Verheiratet, ein Sohn. 2017 bis 2020 war er Distriktberichterstatter in D1830.