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Distrikt

Das Potential ist wichtiger als die Position

Distrikt - Das Potential ist wichtiger als die Position
Das Publikum lobte: "Ein tolles Wir-Gefühl" - selbst im Online-Format. © D1820

Ein Gespräch mit Governorin Edith Karos über die Halbjahreskonferenz und ihre Botschaften, damit Rotary attraktiv bleibt.

Claus Peter Müller von der Grün16.02.2022

Im Anschluss an die Halbjahreskonferenz bat das Orga-Team die Teilnehmer um eine Bewertung. Warum?

Eine solche Konferenz veranstalten wir ja nicht für "die da oben", sondern für alle Rotarierinnen und Rotarier im Distrikt. Ihre Perspektive, ihre Informationsbedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Wir wollen – so wie es in der Distrikt-Strategie formuliert ist – als Netzwerk und Nutzwerk dienen. "Nutzwerk" bedeutet übrigens, dass wir mit unseren Aktivitäten und Angeboten den Clubs und den rotarischen Freunden einen echten Mehrwert bieten wollen. Den Nutzen jedes einzelnen Distrikt-Angebots zu messen, ist aufwändig und schwierig. Aber bei einer großen Konferenz bietet es sich geradezu an. Und natürlich wollen wir aus den Ergebnissen lernen.

Wie fiel denn das Urteil aus?

In der Gesamtbewertung bekamen wir 4,5 von 5 Sternen. Das ist ein tolles Ergebnis und macht dem Orgateam und allen Beteiligten natürlich sehr viel Freude. Es lässt aber auch noch ein bisschen Luft nach oben, denn wir wollen uns ja permanent verbessern. Dies wird insbesondere durch die Bewertungen der einzelnen Programmbestandteile ermöglicht. Eine wichtige "Messlatte" ist für mich auch die Teilnehmerzahl, denn sie zeigt das generelle Interesse sowie die wahrgenommene Qualität des Programms. Deutlich über zweihundert Teilnehmer sind ein Rekordwert für eine Halbjahreskonferenz, und auch, dass die Zahl bis zum Schluss kaum abgenommen hat, spricht für sich.

Die Teilnehmer schrieben auch Bewertungen in den Chat. Was haben sie gelobt und was haben sie vermisst?

Nicht nur im Chat, sondern auch im Teilnehmer-Fragebogen waren freie Eingaben möglich, und deren Auswertung ist wirklich hilfreich. Es gab sehr viel individuell formuliertes Lob: Das Programm kam gut an, der Antarktis-Vortrag der Science Slammerin Helene Hoffmann, und – dieses Feedback überbringe ich ausgesprochen gerne – der Moderator und sein gelungenes Zeitmanagement wurden sehr geschätzt. Mich persönlich hat eine Bemerkung angesprochen, die einige Male in ähnlicher Form auftauchte: "Ihr gebt uns ein tolles Wir-Gefühl." Das genau ist doch das Ziel: Alle mitnehmen und motivieren sowie informieren, was in unserem rotarischen Netzwerk möglich ist. Die technischen Probleme, die wir bei manchen Zuschaltungen hatten, wurden natürlich auch angesprochen, aber etliche Teilnehmer zeigten zugleich Verständnis dafür.

Du hast die technischen Probleme angesprochen, die entstehen, wenn wir international mit technischen Hilfsmitteln zusammenschalten. Die Internationalität und der Austausch ohne weite Anreise, die wir damit erreichen, sind die eine Seite der Medaille. Aber der Aufwand, den wir im Verborgenen dafür treiben, das andere. Überfordern wir uns nicht – auch indem wir die Latte immer höher legen?

Natürlich haben wir versucht, das Beste aus den virtuellen Möglichkeiten herauszuholen, als wir die ursprünglich physisch vorgesehene Konferenz umplanen mussten. Das hat alle Beteiligten sehr gefordert, und ich bin allen dankbar dafür, dass sie so begeistert und engagiert mitgezogen haben. Rotary muss allerdings auch in diesem Bereich mit der Zeit gehen, denn die Erwartungen, die wir heute an eine Konferenz stellen, sind einfach andere als vor zehn Jahren – ganz unabhängig von Corona und Zoom. Ich denke, dass wir hier durchaus Nachholbedarf haben, um dauerhaft ein attraktives Image von Rotary-Konferenzen zu positionieren und damit ein noch größeres Teilnehmer-Interesse bei den Rotarierinnen und Rotariern im Distrikt zu wecken. Letzteres ist übrigens auch ein strategisches Ziel, das wir uns im Rahmen der Distrikt-Strategie gesetzt haben.

Inhaltlich hat die Diskussion der Frage, ob Rotary Vielfalt liebt und lebt, einige Impulse gesetzt. Was nimmst Du als Governorin daraus mit, um es innerhalb von Rotary weiterzugeben?

Wir sollten uns bewusst machen, dass Rotary sich auch in dieser Frage zeitgemäß aufstellen muss. Sonst verlieren wir an Attraktivität für potenzielle Neumitglieder. Viele Clubs haben dies erkannt und bemühen sich gezielt um die Aufnahme von jungen Berufstätigen, wobei ihnen das Potenzial wichtiger ist als die aktuelle berufliche Position. Die Bereitschaft, ja der Wille zu Hands-on-Mitarbeit, ist ein Vorzug, den gerade auch Rotaracter mitbringen. Warum sollten wir auf dieses Potenzial verzichten oder warten, bis wir sie an andere Service Clubs verloren haben? Auch erfolgreiche Menschen, die aus anderen Ländern und Kulturkreisen stammen, können eine Bereicherung für unsere Mitgliederstruktur sein. Wie man Vielfalt konkret angehen und umsetzen kann, dafür bietet das Clubdienst-Team des Distrikts Informationen und Workshops an. Ich persönlich freue mich schon sehr auf Jennifer Jones, die ab 1. Juli als erste weibliche RI-Weltpräsidentin ein sichtbares Zeichen für Gleichberechtigung und Inklusivität setzen wird.

Das Jahr als Governorin geht bald zu Ende. Ist es gut, dass die Ämter rotieren? Und was erleben wir noch, bis sich das rotarische Rad im Sommer weiterdreht?

Das Governor-Amt ist genau wie eine Club-Präsidentschaft zeitlich schon eine herausfordernde Angelegenheit, die aber auch große Freude bereitet – das hoffe ich jedenfalls für jeden, der sie ausübt. Auch deshalb ist es gut, dass es die Rotation gibt. Mit der Stafette – und übrigens auch mit der Strategie — haben wir erprobte Mittel, um die nötige Kontinuität sicherzustellen. In zwölf Monaten kann man Einiges bewegen. Ein näher rückendes Highlight ist der bundesweite Action Day am 21. Mai, für den wir in unserem Distrikt eine hervorragende Beteiligungsquote haben. Die große Vielfalt der geplanten Aktionen – das wird ein Fest für die gesamte rotarische Familie und es gibt uns zugleich die Chance, uns in der Öffentlichkeit so zeigen, wie wir gerne gesehen werden möchten: als People of Action. Das Finale wird dann am 25. Juni eine hoffentlich physische Distriktkonferenz in Wiesbaden sein, zu der ich jetzt schon alle rotarischen Freundinnen und Freunde herzlich einlade.

Claus Peter Müller von der Grün

Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.