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Porträt

Das Risiko von »Pi-Pa-Po«

Matthias Schütt15.05.2014

Um Kindern die Gefahren falscher Ernährung vorzuführen, gibt es ein hübsches kleines Experiment: Man nehme einen Liter Tee und gebe 32 Stück Würfelzucker dazu. Wer davon kostet, möchte am liebsten ausspucken: Bäh, ist das süß! Gibt man nun aber beispielsweise Ascorbinsäure dazu, schmeckt das Getränk plötzlich wieder angenehm. Der Lerneffekt: Auch wenn man ihn nicht mehr schmeckt, der viele Zucker ist immer noch im Tee.

Was Kinder lernen müssen

Die Tricks der Ernährungsindus­trie sind nicht immer so leicht zu durchschauen wie in diesem Beispiel. Deshalb ist es wichtig, Kinder so früh wie möglich über die Wirkung einzelner Inhaltsstoffe aufzuklären und zugleich zu zeigen, wie man sich gesund und trotzdem mit Appetit ernähren kann. „Pizza, Pasta, Pommes – Pi-Pa-Po – umreißen das Problem“, erläutert die Ernährungsexpertin Reinhild Link. „Dabei geht es nicht darum, diese Mahlzeiten zu verteufeln, jeder darf sie ab und zu genießen. Aber eben nicht ausschließlich.“ Man sieht ihr an, dass sie die Regeln selbst beherzigt. Und auch die Hobbys passen ins Bild: Sport, Natur, Wandern.

In der Aufklärung über falsche Ernährung laufen bei Link seit einigen Jahren berufliche und rotarische Interessen zusammen. Ihre Partner im beruflichen Teil sind mehrere Schulen in Wiesbaden, mit denen sie im Auftrag der Stadt die Qualität der Schulverpflegung gewährleistet. In der Ernährungsbildung arbeitet sie mit dem Projekt Schule & Gesundheit des hessischen Kultusministeriums zusammen, vermittelt die Grundlagen der Ernährung und zeigt Alternativen für Pausensnacks und zuckerhaltige Softdrinks auf. Mit ihrem besonderen Profil war sie die beste Ansprechpartnerin, als der Kardiologe Gustav G. Belz (RC Wiesbaden) in seinem Governor-Jahr 2005/06 über ein entsprechendes Rotary-Projekt nachdachte. Er hatte in seiner ärztlichen Praxis die Erfahrung gemacht, dass sich bei Erwachsenen die Ernährungsgewohnheiten kaum noch ändern lassen. Aus dem Zusammenspiel von Arzt und Ernährungswissenschaftlerin entwickelte sich „gesundekids“, zunächst im Distrikt 1820, inzwischen mit zunehmendem Erfolg auch in anderen Distrikten.

Lust auf Neues machen
Das Projekt kommt gut an bei den Kids, weil es nicht zum Verzicht aufruft. Man muss nur bereit sein, seine Geschmacksnerven immer mal wieder neu zu reizen – und Lust an der Zubereitung und am Kochen zu entwickeln. Die „Brotgesichter“, die sich die Kinder im Unterricht mit „gesundekids“ selbst schmieren dürfen, fördern Kreativität und machen Lust auf Neues. Aber es geht nicht nur ums Essen. Auch das richtige Getränk und viel Bewegung stehen im Konzept. Link: „Einen Liter Flüssigkeit pro Tag benötigt der junge Organismus. Das sollten aber keine Softdrinks sein. Deshalb gehört zu ‚gesundekids‘ auch ein Programm, mit dem inzwischen 40 Trinkwasserbrunnen in Schulen aufgestellt wurden.“

Ernährungskrankheiten sind Wohlstandsfolgen; mit steigendem Lebensstandard sinkt die Bereitschaft, täglich zu kochen, und steigt die Nachfrage nach Fertigprodukten. Damit fallen vielfach die Eltern als Vorbilder für gesunde Ernährung aus, sodass heute Erzieher und Lehrer diese Aufgabe mit übernehmen müssen. Nur wenige sind darauf allerdings vorbereitet. Hier bietet sich Rotary mit „gesundekids“ als Unterstützer an. Wann immer Reinhild Link in Schulen oder Kitas geht, kann sie sich auf eine Reihe rotarischer Freunde und Inner Wheelerinnen stützen. Ein großer Freundeskreis ist ihr wichtig – und nützt nebenbei auch bei wichtigen rotarischen Aufgaben.

 


Zur Person:

 

Reinhild Link

  • wurde 1952 in Steinbach bei Fulda geboren. Sie ist verheiratet mit Prof. Dr. med. Karl-Heinrich Link (RC Wiesbaden) und hat drei Kinder
  • Nach dem Abitur studierte sie Ernährungswissenschaften in Gießen und wurde 1978 zum Dr. oec. troph. promoviert. Von 1979 bis 1982 forschte sie als DFG-Stipendiatin an der UCLA in Los Angeles/USA über den Eiweiß- und Aminosäurenstoffwechsel mit Abschluss PhD.
  • Ab 1982 war sie in zwei Unternehmen europaweit auf dem Gebiet der angeborenen Stoffwechselstörungen bei Säuglingen und Kindern tätig. 2007 gründete sie ihre eigene Ernährungsberatungspraxis VitaLink mit dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung und Schulverpflegung.
  • 2008 Gründung der European Dietitians Group, deren Präsidentin sie bis heute ist. Veröffentlichungen u.a. als Mitautorin von „Lebe länger und gesünder – mit Freude und Genuss“ (Heidelberg 2008). Seit 2005/06 Beauftragte für „gesundekids“ im Distrikt 1820. 
Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.