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Pflanze des Monats

Eine Heilpflanze, die Hilfe braucht

Pflanze des Monats - Eine Heilpflanze, die Hilfe braucht
Die Arnika gehört laut deutschem und EU-Artenschutzrecht zu den besonders geschützten Pflanzenarten. Sie gilt als gefährdet. Regional ist sie in Bayern sogar vom Aussterben bedroht. © Pixabay

Arnika - zerzauste Blütenköpfe mit Heilwirkung. Doch der starke Helfer hat selbst Schutzbedarf.

Ulrike Löw17.06.2024

Blutergüsse, stumpfe Verletzungen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Zerrungen, Nervenschmerzen, Insektenstiche und Verbrennungen, Prellungen und Verstauchungen, Gelenkentzündungen, Venenschwäche und Krampfadern –  all dem soll Arnika entgegenwirken.

Listen wie diese finden sich in Fachartikeln für Pharmazeuten und in der Apothekenrundschau, Hersteller wie Weleda, Klosterfrau und Retterspitz setzen in ihren Tinkturen und Cremes – etwa Schmerzsalben oder Mundspülungen – auf die Kraft und den Extrakt der Pflanze.

Viel, vielleicht zu viel Hype um die Pflanze mit dem behaarten Stängel und den dottergelben, immer etwas zerzaust wirkenden Blütenköpfen? Die therapeutische Begeisterung ist bereits bei Johann Wolfgang von Goethe nachzulesen. Er beschreibt ganze Pferdekarren voll von Arnika, die in die Apotheken gekarrt wurden. Unter den zahlreichen volkstümlichen Bezeichnungen der Arnika, etwa "Bergwohlverleih" finden sich häufig die Begriffe "Wohl" und "Kraft". Und so war die Arnika bereits im 19. Jahrhundert in ihrem Bestand gefährdet.

Heute steht die "Arnica montana" unter Naturschutz. Denn das wichtige Heilkraut, der starke Helfer, braucht selbst Unterstützung: Arnika gehört laut deutschem und EU-Artenschutzrecht zu den besonders geschützten Pflanzenarten und gilt in Bayern, Deutschland und Europa als gefährdet. Regional ist sie im Freistaat sogar vom Aussterben bedroht. So gab es laut Landesamt für Umwelt (LfU) 2016 im Spessart nur noch etwa 2.500 Rosetten an zwölf Wuchsorten. Bayernweit gingen die Individuenzahlen weiter zurück und es erlöschen immer noch Vorkommen, so das LfU. 

Es ist auch der Klimawandel mit seinen heißen Sommern und den Wetterextremen, der der Arnika zusetzt. Genetisch kann sie sich nur schwer den Klimaveränderungen anpassen, denn die Heilpflanze wird mehrere Jahrzehnte alt. Bis die nachfolgenden Generationen durch genetische Veränderungen reagieren, kann es also längst zu spät sein. Dazu kommt: Die Arnika bevorzugt nährstoffarme, artenreiche Standorte – doch nur wenig gedüngte Flächen und Magerwiesen sind in Bayern aufgrund der intensiven Landwirtschaft selten. Auch sandig, torfig-humose Wiesen sind mittlerweile rar.

Der Bund Naturschutz hilft mit Schutzflächen: Die Ortsgruppe Floß des Bundes Naturschutz in Hildweinsreuth im Landkreis Weiden betreut eine solche Schutzfläche bereits seit dem Jahr 1988. Dort finden sich mehr als 64 Pflanzenarten, auch die Arnika wird dort kontinuierlich und erfolgreich ausgesät. Was, so heißt es beim Bund Naturschutz, gar nicht so leicht ist. Denn die Arnika verbreitet sich nicht so einfach wie manch andere Wiesenblume. Ihre Samen sind nur bis ins Folgejahr hinein fruchtbar und breiten sich nur im unmittelbaren Umfeld durch Ausfall, Wind oder Anheften an Weidetiere aus.

Sie keimen bei ausreichender Feuchtigkeit ab etwa zehn Grad – doch Moos oder Grasfilz im Untergrund toleriert die Arnika nicht. Sie fordert offene Bodenstellen und wenig Konkurrenz durch andere Pflanzen. Und weil solche Stellen gar nicht so oft vorkommen, sind Populationen vielerorts durch Überalterung bedroht.

Eine Kultivierung der Arnika – übrigens müht sich auch der Biologische Garten in Luxemburg um die Pflanze – ist also eher schwierig. Der Standort muss passen und die Samen müssen aus der jeweiligen Region stammen. Gleichzeitig ist wegen der Vielseitigkeit im medizinischen Einsatz der Bedarf hoch. Auf rund 50.000 Kilogramm getrocknete Blüten wird der jährliche Bedarf allein für Deutschland geschätzt. Die gute Nachricht: Seit einigen Jahren gibt es eine Zuchtform, die "Arnica montana arbo", in der dieselben wirksamen Substanzen wie in der Wildform zu finden sind.

Was sich seit Goethes Zeiten geändert hat: Heute ist bekannt, dass die Einnahme von Arnika-Zubereitungen weitere toxische Wirkung haben kann, zum Beispiel auf das Herz. Die orale Verwendung ist daher phytotherapeutisch nicht mehr üblich.