Erste Charterfeier eines Rotary Clubs als reines Online-Ereignis
Eigentlich ist der RC Wien-Thalia ein Club wie jeder andere. Aber auch wieder nicht. Vom Namen bis zur Corona-bedingten Charterfeier per Internet-Meeting ist dieser Club einzigartig.
Es war schon sehr ungewohnt, dass rund 100 Teilnehmer aus 32 Clubs nur in briefmarkengroßen Fenstern an ihren Bildschirmen dabei waren, als Governorin Melitta Becker-Unger der Clubpräsidentin Birgit Mathiaschitz die Glückwünsche des Distrikts zum offiziellen Start des Clublebens überbrachte. Wobei - Glückwünsche gab es zu diesem Anlass auch für die Governorin zu Hause, denn diese Charter erfolgte genau an ihrem Geburtstag. Ein besonderes Geschenk also, dieser 101. Club des Distrikts.
Nur rund zehn Personen waren in der Ottakringer Brauerei physisch im Raum, neben der Gründungspräsidentin waren das Gründungsbeauftragter Peter Zörer (RC Wien-Stadtpark) sowie die Präsidenten der Patenclubs, Thomas Hladny (RC Wien-Franz Schubert) und Sigrid Lumetsberger (RC Wien-Schwechat) sowie einige Funktionsträger, die den technischen Ablauf betreuten. Alle anderen waren zugeschaltet. Und dennoch hatte die Zeremonie durchaus die Feierlichkeit anderer Charterfeiern.
Die Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie drücken dem Club inzwischen nicht nur in Beug auf die Charterfeier ihren Stempel auf. So trifft man sich normalerweise nur 14-tägig jeweils am Montagabend im Cafe Ritter in Wien-Ottakring, aber die Zoom-Meetings haben die Mitglieder wöchentlich zueinander gebracht. Und weil das so gut geklappt hat, will man zukünftig weiterhin ein Mal im Monat ein Online-Meeting abhalten und auch die Vorstandssitzungen ins Netz verlagern.
In neun Monaten zur Charter
Der Club ist generell schnell von Entschluss. Das erste Treffen der Interessenten gab es Anfang September 2019, und schon am 24. April erfolgte die offizielle Vereinsgründung. Und jetzt, nach nur neun Monaten Leben als Club, die Charter. Dieses Tempo war nicht zuletzt erfahrenen Begleitern in der Gründungsphase zu verdanken, wie dem Gründungsbeauftragten Peter Zörer oder den Initiatoren Engelbert Wenckheim (RC Wien-Ring) und Martina Postl (RC Vienna-International). In dem von Postl geführten Cafe Ritter in Ottakring hat man praktischerweise auch gleich das Clublokal gefunden.
Dort fühlen sich die inzwischen 30 Mitglieder (davon 11 Frauen) schon sehr wohl. Fast die Hälfte der Clubmitglieder hat engen Bezug zum 16. Bezirk. Einige sind dort wohnhaft oder sogar aufgewachsen, andere sind bei diversen Firmen im Bezirk beschäftigt. Es war also naheliegend, dass man lange als Clubname auch Wien-Ottakring im Auge hatte. So eng an den Bezirk wollte man sich dann aber doch nicht binden, und so kam man auf Wien-Thalia. Nicht nur wegen der durch Ottakring führenden Thaliastraße. Deren Name kommt immerhin vom altgriechischen "thalein", was soviel heißt wie blühen. Blühen und gedeihen will nun auch Rotary in Ottakring. Der Club ist damit der erste in Wien, der weder nach einem historischen Gebäude, einer berühmten Persönlichkeit oder einem geographischen Begriff benannt wurde, wie das bei den anderen 26 Wiener Clubs der Fall ist.
Eine Muse als Namenspatron
Nach Thalia, der griechischen Muse der komischen Dichtung und Unterhaltung, war in der damaligen Wiener Vorstadt übrigens ein Theater benannt. Erst danach erhielt davon die Thaliastraße ihren Namen. Dieses Theater bot Volksstücke genauso wie Zaubershows oder die Wiener Erstaufführung von Richard Wagners "Tannhäuser". Aber es wurde 1870 nach nur 14 Jahren schon wieder geschlossen. Da ist dem RC Wien-Thalia schon ein längeres Leben zu wünschen!
Dafür werden die Mitglieder sorgen, die ein sehr buntes Bild bieten. Die Altersspanne reicht von 28 bis 73 Jahren, familiäre Wurzeln liegen neben Österreich auch in Deutschland, Albanien, Bulgarien oder Bosnien-Herzegowina. Bunt auch der Berufsmix - von Architektin und Apotheker bis Zuckerbäcker oder Ziviltechniker. Sie alle wollen sich für eine offene, multikulturelle Gesellschaft einsetzen, für eine kulturelle und soziale Diversität, für Chancengleichheit, grenzüberschreitenden Austausch und generationsübergreifende Aktivitäten. Und vor allem will der neue Club regional wirksam werden, im Bezirk Ottakring und der näheren Umgebung.
Im Bezirk verankert
Das setzte man bereits bei der ersten Serviceaktivität um. Da ging der Erlös aus der Tombola der Weihnachtsfeier an das Kinderheim St. Benedikt in der Wiener Liebhartstalstraße, wo sozial und physisch oder psychisch benachteiligte Kinder betreut werden. Das nächste Projekt wurde bei der Charterfeier vorgestellt, nämlich die Unterstützung des Mädchenzentrums *peppa der Caritas, das ebenfalls im 16. Bezirk zu Hause ist. Geplant sind neben einem finanziellen Beitrag auch die Gestaltung von Workshops und das Angebot direkter Unterstützung von einzelnen Mitgliedern.
Der Enthusiasmus ist also groß, wie immer bei jungen Clubs. Dass er nicht abebbt, was auch schon vorgekommen sein soll, darauf werden nicht zuletzt die beiden Patenclubs ein begleitendes Auge haben. Aber von einem Club, der sich selbst von Corona-Beschränkungen nicht beirren ließ und so eine einzigartige und beeindruckende Online-Charterfeier durchzog, ist für das Clubleben in den nächsten Jahren jedenfalls viel an Umsetzungskraft zu erwarten.
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