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Münsingen

RYLA-Seminar für junge Flüchtlinge

Münsingen - RYLA-Seminar für junge Flüchtlinge
Junge Asylbewerber und Deutsche haben beim RYLA-Seminar viel voneinander und übereinander gelernt. © Gisela Keller

Der Rotary Club Münsingen hat sein fünftes RYLA-Seminar ganz in das Zeichen der aktuellen Flüchtlingssituation gestellt. Denn dieses Seminar richtete sich nicht an junge, besonders engagierte Schüler, sondern an junge Flüchtlinge. Unterstützt wurden die Münsinger von ihren Nachbarclubs.

Julia Essich-Föll24.05.2016

In Sicherheit leben, lernen und arbeiten dürfen - für Deutsche eine Selbstverständlichkeit, für andere ein weit entferntes Traumziel. Was erwarten junge Flüchtlinge von unserem Land, was erwarten wir von ihnen und was bringen sie an Fähigkeiten mit? Ein Seminar des RC Münsingen auf der Sonnenmatte in Erpfingen sollte Antworten auf diese Fragen geben und gleichzeitig interkulturelle Begegnung und persönliches Kennenlernen ermöglichen. 

Mit im Boot als Veranstalter waren der RC Ebingen-Zollernalb sowie der RC Reutlingen-Tübingen-Nord. Mitglieder des Rotaract Club Reutlingen-Tübingen waren an der Programmgestaltung beteiligt. Nach vier gemeinsamen RYLA-Seminaren für Schüler von Beruflichen Schulen seit 2011 sollte mit dem fünften ein besonderes Angebot für Asylbewerber gemacht werden. Hier in Deutschland wollen sich die Clubs auch der neuen gesellschaftlichen Herausforderung stellen und einen Beitrag zum Gelingen von Integration leisten. Schecks für Asylarbeit sind dabei das eine: Über 10.000 Euro haben die Münsinger bisher gespendet. Sich persönlich einbringen ist das andere: Rotarier können dazu ein breites Spektrum an Berufserfahrung einsetzen.   

Englisch-Kenntnisse waren eine der Voraussetzungen, nach denen die zuständigen Sozialarbeiter im Alten Lager in Münsingen zwölf junge Männer aus Afghanistan, Syrien, Eritrea und Nigeria ausgesucht hatten. Sie alle erwiesen sich als überaus engagierte und interessierte Seminarteilnehmer, denen nebenbei ein Wochenende jenseits vom Lageralltag im gepflegten Ambiente auf der Sonnenmatte Erpfingen ausgesprochen gut tat. 

Was erwartet eine Firma von den Flüchtlingen und zukünftigen Arbeitnehmern? Klare Antworten darauf gab Produktionsleiter Sven Schempp während der Betriebsbesichtigung bei der Firma Weinmann Holzbausystemtechnik GmbH in St. Johann. Die Nummer eins: gute deutsche Sprachkenntnisse. Danach kommen persönliche Arbeitshaltung, Zuverlässigkeit in jeder Hinsicht und dann erst die beruflichen Fähigkeiten. Davon bringen die Seminarteilnehmer schon viele mit, bis hin zum angefangenen oder fertigen Studium in Maschinenbau oder Zahnmedizin. Und sie können noch mehr Positives für die deutsche Gesellschaft  beisteuern, wie sie selbst glauben: Anpassungsvermögen und Hilfsbereitschaft, einen ausgeprägten Familiensinn und Respekt vor älteren Menschen. 

Um nonverbale Kommunikation ging es beim abendlichen Programmpunkt "Improvisationstheater", während ansonsten Englisch und so viel wie möglich Deutsch gesprochen wurde. Auch beim gemeinsamen Kegeln mit Rotariern und deren Familien. "Ich habe viel über andere Länder gelernt", meinte Zabihulla Mammond aus Afghanistan bei der Abschlussrunde. Mohamed Hamida aus Syrien hoffte, dass sie als Gruppe einen "guten Eindruck" abgegeben hätten. Was die Organisatoren nur bestätigen können. Weitere Treffen mit der Gruppe haben bereits stattgefunden und sollen fortgeführt werden, auch wenn etliche inzwischen nicht mehr in Münsingen sind, da das Alte Lager geräumt werden muss.  

 

Julia Essich-Föll
Julia Essich-Föll ist Jahrgang 1972 und arbeitet als Redakteurin bei der Ludwigsburger Kreiszeitung. Sie ist Gründungsmitglied des Rotaract Clubs Ludwigsburg und Gründungspräsidentin des 2007 gecharterten Rotary Clubs Ludwigsburg-Alt Württemberg. Das Amt des Distrikt-Reporters für den Distrikt 1830 nahm sie von 2014 bis 2016 wahr.