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Interview mit Marlehn Thieme

"Die Welthungerhilfe arbeitet vor Ort mit Partnerorganisationen"

Interview mit Marlehn Thieme  - "Die Welthungerhilfe arbeitet vor Ort mit Partnerorganisationen"
Marlehn Thieme von der Welthungerhilfe erklärt, was die Arbeit in Ostafrika erschwert und warum sie auf lokale Partner setzen. © Welthungerhilfe

In vielen Ländern Afrikas leiden die Menschen an Hunger. Besonders dramatisch ist die Situation aktuell im östlichen Afrika.

Frauke Eichenauer17.11.2022

Schon zum vierten Mal in Folge sind die dringend notwendigen Regenzeiten seit dem Jahr 2020 ausgeblieben oder viel zu gering ausgefallen. Seit 40 Jahren hat es keine solche dramatische Dürresituation mehr gegeben. Die Regenzeit zwischen März und Mai 2022 war die trockenste seit 70 Jahren. Wir sprachen mit der Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme.

Sie haben ein sogenanntes Factsheet zur aktuellen Lage in Ostafrika und im speziellen zu ihrer Arbeit im Dürregebiet in Ostafrika veröffentlicht. Erwähnt wird darin das Problem „mangelhaftes Saatgut“. Was genau ist damit gemeint?

Das Stichwort „mangelhaftes Saatgut“ auf das Sie sich beziehen, stammt von unserer Webseite, aber bezieht sich auf das Land Burundi und insofern nicht auf das Horn von Afrika. Grundsätzlich arbeitet die Welthungerhilfe in verschiedenen Projekten mit der Zielsetzung, eine Verbesserung des Zugangs der Kleinbauern zu hochwertigem Saatgut zu verbessern und gut angepasste Sorten und dessen Akzeptanz, um die landwirtschaftliche Produktivität nachhaltig zu steigern. Die Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von zugelassenen verbesserten Sorten und Landrassen, die tolerant gegenüber biotischen und abiotischen Faktoren sind und das unter low Inputbedingungen, aber und auch unter schwierigen Umwelteinflüssen einen akzeptablen Ertrag liefern und reich an Mikronährstoffen sind (Zink, Eisen), können unsere Arbeit ergänzen. Für Länder in der Region Ostafrika zielen wir auf Lösungen ab, die unter anderem zu Folgendem beitragen sollen:

o Verbesserung der Ernährung und Ernährungsvielfalt der lokalen Bevölkerung (Bauern/Hirten), 

o der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und der Bewirtschaftung von Weideland 

o bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Klimaanpassungs- und -abschwächungsstrategien

o und zur soziale Kohäsion in einem fragilen Umfeld.

Wie ist die Welthungerhilfe an den Brennpunkten strukturiert? Gibt es ständige Repräsentanten, die organisieren und Rückmeldung geben? 

Die Welthungerhilfe arbeitet vor Ort vielfach mit Partnerorganisationen.  Darüber hinaus gibt es in den Ländern Äthiopien, Kenia, Uganda, Somalia eigene Strukturen in Form von einem Landesbüro sowie Büros an den Projektstandorten von wo aus die Arbeit mit den Partnerorganisationen koordiniert wird oder Maßnahmen selber durchgeführt werden.  Unsere Teams bestehen mehrheitlich aus nationalen Mitarbeitern sowie einigen internationalen Mitarbeitern.  Sowohl in Kenia als auch in Äthiopien gibt es aktuell jeweils eine Mitarbeiterin oder einen deutschsprachigen Mitarbeiter.  Auch in Somaliland ist ein Kollege deutschsprachig. 

Sind Sie auch in die Findung politischer Lösungen mit den Regierungen vor Ort involviert oder über wen läuft das?

Die Bearbeitung der politischen Dimension der Dürre als Folge des Klimawandels vor Ort ist komplex und in einigen Ländern für internationale Organisationen wie die Welthungerhilfe nur sehr eingeschränkt möglich.  In der Regel arbeiten wir zusammen mit unseren nationalen Partnern jedoch an Themen wie das Recht auf Nahrung, Bodennutzungsrechte sowie, und dies ist im Kontext vom Horn von Afrika bedeutsam, die Rechte von Nomaden- (Pastoralisten) Gemeinden.  Diese sind in ihre politischen Partizipation oftmals marginalisiert und haben keine starke politische Stimme.  In einem unserer Vorhaben, in dem es um die Stärkung der Widerstandsfähigkeit genau dieser Gemeinden gegen Dürre und Armut geht, verfolgen wir daher den Ansatz lokale, vor Ort verwurzelte Partner zu befähigen die Anliegen der Pastoralisten politisch einzubringen.  Gerade diese Bevölkerungsgruppen sind aufgrund ihrer Lebensumstände besonders hart von der aktuellen Dürre betroffen. 

Sind Sie persönlich regelmäßig vor Ort? 

Durch die Corona-Pandemie haben wir als Organisation unsere Reisetätigkeiten immens eingeschränkt. Lange Zeit war es aufgrund der Pandemie nur unserem Nothilfe-Team möglich zu reisen. Seit Beginn meiner Amtszeit in 2018 war ich in Sierra Leone, Kenia und dem Sudan. Eine Reise nach Pakistan wurde aufgrund von Sicherheitsbedenken jüngst kurzfristig abgesagt. Unsere gesamte Organisationsleitung steht in engem Austausch mit unseren Regionaldirektorinnen und -direktoren, Landesdirektorinnen und -direktoren sowie Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Sogenannte „Crisis Briefings“ werden mit den Verantwortlichen ad hoc einberufen, wenn es akut zu einer Krise kommt.


Auch die rotarische Gemeinschaft engagiert sich in Ostafrika, um die Not zu lindern. Mit einer gestarteteten Hilfsaktion, die von den afrikanischen Länderausschüssen von Rotary Deutschland und Österreich unterstützt wird, wird die Lieferung von Trinkwasser in speziellen Tankwagen mit einem Fassungsvermögen von 18.000 Litern in die betroffenen Regionen finanziert. Die Füllung eines Tankwagens inklusive Auslieferung in die entlegensten Gebiete kostet 300 Euro. Damit wird der Tagesbedarf von etwa 2.400 Menschen, 400 Familien à sechs Personen, gedeckt. Um sofort wirksame Hilfsmaßnahmen direkt vor Ort zu starten, nutzt Rotary das bestehende Netzwerk des Kooperationspartners Caritas International. 

Mehr über das Projekt "Trinkwasser für Ostafrika" erfahren Sie im Flyer:

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Spenden für die rotarische Hilfsaktion bitte an:CX

Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. IBAN: DE80300700100394120000 

BIC: DEUTDEDD, Verwendungszweck: Hunger Ostafrika Projekt Nr. C477900 P2301