Editorial
Heizung runter, Resilienz rauf
Innerer Thermostat wird wichtiger
Selbst wenn die mühsam gehamsterten Gasvorräte für die kommenden Monate gerade eben reichen: Energie sparen ist das Gebot der Stunde, sorgloses Heizen schlicht zu teuer. Unterkühlte Behausungen jedoch programmieren schlechte Laune, Wut womöglich, und so ist alles willkommen, was uns, wenn nicht physisch, so wenigstens mental wärmt. Unser innerer Thermostat wird also wichtiger und sollte derzeit auf „Perspektivwechsel“ stehen. Immerhin sind viele Gasspeicher nicht halb leer, sondern halb voll – was wir in unserer Reportage im bayerischen Gasspeicher Wolfersberg nachgeprüft haben. Allerdings geht unser Gas-Shopping dank des Füllhorns „Sondervermögen“ zulasten anderer Länder, verursacht dort existenzielle Probleme (siehe Pakistan und Bangladesch) und entlarvt noch mehr Egoismus: Gefracktes Gas aus den USA kaufen wir gern, aber wieso betreiben wir kein Fracking im eigenen Land? Wenn sich jemand mit diesem Thema auskennt, dann ist es Christoph Hilgers, Direktor des Instituts für Angewandte Geowissenschaften am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er beschreibt, wie Fracking funktioniert, welche Risiken existieren und wie sie einzuschätzen sind. Über das Fracking-Tabu müsse auch in Österreich nachgedacht werden, schreibt Josef Urschitz, der mit deutlichen Worten die fehlgeleitete Energiepolitik des Alpenlandes und die typische Einstellung seiner Landsleute – „wird schon irgendwie gehen“ – analysiert.
„Radikalumkehr“ sollte die innere Einstellung heißen, wenn es nach dem belgischen Ethikprofessor Jean-Pierre Wils geht. Er macht sich Gedanken darüber, wie wir verhindern können, dass unsere Gesellschaft unter der momentanen Multi-Krise auseinanderbricht, und fordert im ersten Schritt die Bereitschaft zur Anerkennung der Realität. Erst wenn wir begriffen haben, dass die derzeitige „Illusionspolitik“ enden muss, kann eine Analyse und Neujustierung unseres Bedürfnishaushalts erfolgen, was schmerzhafte Einschnitte unseres Wohlstands bedeutet. Aber wenn man Wohlstand aus dem Korsett ausschließlich ökonomischer Parameter befreien und neu definieren würde, „können wir die Rahmenbedingungen so ändern, dass individueller Verzicht möglich ist und wir sogar an Lebensqualität gewinnen“, macht der Soziologe Berthold Vogel Mut – wie auch die rotarischen Freunde, die von den kalten Wintern ihrer Kindheit erzählen.
Mut brauchten auch einige der Kinder, die zum ersten Mal bei einem der zahlreichen KidsCamps unter der Federführung von Rotaract Urlaub machten. Für Heimweh war allerdings gar keine Zeit, wie unser Redakteur Florian Quanz, der in Haltern am See dabei war, feststellen konnte. Er berichtet in seiner Reportage, welch enorme Mühen Planung und Realisierung eines Camps erfordern, wie großartig aber gleichzeitig der Erfolg ist und wie viel Freude es auch den Rotaractern macht. Sie sind in vielen Fällen überzeugte Wiederholungstäter, genau wie einige der Kinder, die nun schon mehrfach dabei waren und dem Orga-Team bereits helfen können. Anfang September steht das letzte Camp der diesjährigen Saison in St. Georgen im Attergau an, ausgerichtet von den beiden österreichischen Distrikten 1910 und 1920.
Die rotarische Wimpeltradition stirbt aus, so dachte ich, aber lag damit vollkommen verkehrt. Die Umfrage der Redaktion ergab das genaue Gegenteil, auch wenn mancherorts die Begrüßung oder Verabschiedung mit Übergabe des Clubwimpels durch kleine Geschenke ergänzt wird.
Viel Vergnügen bei der Lektüre – und dem „Polio“-Schwedenrätsel – wünscht
Frauke Eichenauer
Stellvertretende Chefredakteurin
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