Titelthema
„Jaget dem Frieden nach“
Pfarrer Helmut Kautz engagiert sich für Völkerverständigung. Sein aktuelles Projekt: eine Glocke nach Jerusalem bringen – per Pferd und Wagen.
Glockengießermeister Schilling wäre neidisch auf das Projekt von Pfarrer Kautz: Als Schilling seine Herrenmeisterglocke nach Jerusalem bringen ließ, hingen Wohl und Wehe der Gießerei von der unversehrten Ankunft der kostbaren Glocke beim Auftraggeber auf dem Ölberg ab.
Für Helmut Kautz hingegen steht weniger das Abliefern einer kratzerfreien Glocke im Vordergrund, als die Absicht, auf seinem „Pferdefriedensglockentreck“ von Deutschland nach Israel mit vielen Menschen verschiedener Religionen ins Gespräch zu kommen. Für die Umsetzung seiner Vision gründete er zusammen mit langjährigen Weggefährten den Verein Friedensglocke. Dessen Zweck: Friedensgedanken mit Volksdiplomatie in die Welt zu tragen. Getreu dem Bibelwort Suche den Frieden und jage ihm nach!
Glocke aus Munitionsschrott
Los ging es im Sommer 2019 mit der Geburt des „Herzstücks“ seiner Mission, der Friedensglocke. Diese sollte etwas ganz Besonderes sein: „Wir wollten schon mit den verwendeten Metallen ein Zeichen gegen Kriege setzen und haben den Glockengießer gebeten, statt der üblichen Bronze Militärschrott zu verwenden. Zum Beispiel Granathülsen von ehemaligen Truppenübungsplätzen.“ Viele Menschen hätten in ihren Kellern und Regenrinnen noch immer Munitionsschrott herumliegen, erzählt der gelernte Dachdecker.
Geburtsort der Glocke war Brück, 40 Kilometer südwestlich von Potsdam, wo Kautz bis 2020 seine Pfarrstelle hatte. Einer der langjährigen Freunde dort ist der Juwelier Ralf Ehle, Mitglied im Rotary Club Belzig. „Mein Club hat die Glocke mitfinanziert“, erzählt Ehle, „wir sind Sponsoren der ersten Stunde, weil wir die Idee des Friedenstrecks für eine wunderbare Sache halten – wie geschaffen für rotarische Ambitionen.
In diesem Jahr nahmen die Glockenfreunde den ersten Teil des Trecks in Angriff. Startpunkt war Hamburg-Volksdorf, wo die Glocke eingesegnet wurde, Ziel Kloster Marienfließ, wo Kautz – zusammen mit seiner Familie seit Sommer 2020 als Prior lebt. Auch für die kommenden vier Jahre ist geplant, jeweils dreiwöchige Touren zu unternehmen. „Die kleinen Vorbereitungstrecks dienen dazu, uns organisatorisch, finanziell und materiell vorzubereiten. Mit diesem Erfahrungsschatz als Basis werden wir dann 2025 die Reise nach Tschechien, Österreich, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Griechenland, Türkei, Syrien, Libanon bis nach Israel antreten“, erklärt er seinen Plan.
Doch unterwegs werden nicht nur die Pferde, alte Kutschen und die eine, große Glocke für Aufmerksamkeit sorgen, sondern auch viele kleine verschenkt werden, denn „in Deutschland wartet noch jede Menge Militärschrott, den man für die Produktion kleiner Glocken einschmelzen kann.“ Gern genommen werde aber auch „harmloser Schrott“ wie Wasserhähne, Leuchter, Teller, Kannen, Bleche, Instrumente, Tabletts – und Glocken.
Die Tour des Friedenstrecks für 2021 steht in groben Zügen fest, sie startet am 6. August in Altenburg, führt über Jena in die Glockengießerstadt Apolda, über Eisenach nach Witzenhausen, Hofgeismar und Bad Driburg bis nach Wendlinghausen am 27. August. Die Trecks sind als eine Art Staffellauf zu verstehen, bei dem jeder mitmachen und dabeibleiben kann, solange er oder sie mag. Ob hoch zu Ross, per Kutsche oder auf Schusters Rappen.
Zwischen den 20 Etappen à circa 25 Kilometer und an den 22 Stationen wird noch viel Unterstützung gebraucht. Hochwillkommen sind natürlich Spenden, aber auch Einladungen für Unterkunft und Verpflegung sind gefragt. „Hilfreich wären zum Beispiel große Wiesen, Ställe und Tierfutter. Wenn sich dann noch die eine oder andere Dusche fände, wäre das schon purer Luxus für uns“, so Kautz.
Kontakt: Friedensglocke e.V., Vorstand Helmut Kautz, helalkautz@yahoo.de
Weitere Infos: friedenstreck.de
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