Wolfgang Bockhold, RC Friedberg in Bayern
Japaner aus Leidenschaft
Schon früh erkannte Wolfgang Bockhold seine Leidenschaft für Asien. Als Pressereferent der Deutschen Botschaft in Peking erlebte er hautnah die Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Platz des himmlischen Friedens. Später gründete er, allen Hindernissen zum Trotz, mit Freunden den Rotary Club Peking, dem bis heute keine Chinesen angehören dürfen.
Ein wenig unwirklich ist das Ganze schon: Da betritt man in einer ruhigen Einfamilienhausgegend am Rande der bayerischen Kleinstadt Friedberg ein dezentes Haus und findet sich mit einem Schritt plötzlich in Japan wieder, in gedämpftem Licht, barfuß auf Teppichen, zwischen Reisstroh-Tapeten, viel lackiertem Holz. Freundlich in Empfang genommen von einem drahtigen, sportlichen, sympathischen Herrn, bewirtet mit Tee an einem niedrigen Tisch.
Und dann blättert dieser Wolfgang Bockhold das Buch eines ungewöhnlichen Lebens vor einem auf. Eines Lebens, das sich auszeichnet durch klare Linien und die durchgehende Suche nach Idealen, die dem Leben Sinn und Halt geben.
Noch in der Schulzeit machte er Bekanntschaft mit der japanischen Ritterkultur Bushido. Seither ließ ihn Ostasien nicht mehr los. Dass er nach dem Abitur zunächst zur Bundeswehr ging, brachte für ihn vor allem die Möglichkeit, sich selbst zu finden. Freilich nicht im schlichten Wehrdienst, sondern dort, wo die Herausforderungen stattfinden: bei den Fallschirmjägern und einer wie er selbst sagt „extremen Einzelkämpferausbildung“, auch mit japanischen Kampfsportarten.
Um weiter zu suchen, ließ er sich vom Militär beurlauben und begann, Japanologie zu studieren – hier forschte er fasziniert vor allem nach den geistigen Grundlagen des japanischen Rittertums. Bald darauf nahm er auch noch ein Studium der Sinologie und der Juristerei auf. Nun musste er sich entscheiden zwischen Bundeswehr und Wissenschaft. Die Lösung bot ein „regierungsunmittelbares Forschungsinstitut“, in dem er seine Studien fortsetzen konnte. Als Auslandsstudienorte wählte er das japanische Niigata und später die chinesische Stadt Nanjing, weil es dort außer ihm kaum Ausländer gab. Nach seiner Rückkehr ging er an die Universität München, war dort u.?a. wiss. Assistent mit Lehrauftrag für japanische Sprache und Kulturgeschichte. Nach seiner Promotion entschloss er sich zur Beamtenlaufbahn und kam bald über das Bundeskanzleramt zum Auswärtigen Amt, wo er auch sein „natürliches Einsatzgebiet“ fand, den Fernen Osten. Von 1984 bis 1989 war er Pressereferent an der Deutschen Botschaft in Peking. Hier konnte er der Bundesregierung aus eigener Anschauung von der Niederschlagung der Studentenproteste auf dem Platz des himmlischen Friedens 1989 berichten.
Die „zweite Heimat“
Sein zweiter mehrjähriger Einsatz führte ihn dann nach Tokio, wo er fünf Jahre als Botschaftsrat für Politik wirkte. Hier ergab sich eine besonders interessante Nebenaufgabe – er war auch zuständig für die Mongolei und Nordkorea, konnte viele Monate in dem abgeschiedenen Land verbringen und Grundzüge der mongolischen Sprache erlernen. Seine Hauptaufgabe war, Informationen zu gewinnen. Von 2002 bis 2007 war er schließlich zum zweiten Mal als Botschaftsrat an der Botschaft in Peking. Immer wieder reiste er aber auch in dieser Zeit in seine „zweite Heimat“, wie er sie nennt, nach Japan. Aus der Beschäftigung mit der Zen-Lehre begann er, das Spiel auf der japanischen Bambusflöte Shakuhachi zu erlernen, dem „zentralen Instrument der Zen-Lehre“, das früher nur bestimmten Rittern vorbehalten blieb. Mittlerweile gehört Wolfgang Bockhold nicht nur dem Zen-Orden der Komusou an, der das Spiel dieses Instrumentes pflegt – er beherrscht es sogar so weit, dass er CDs und Filmmusiken einspielen und in China wie in Japan im Fernsehen auftreten konnte.
Während seiner Zeit an der Botschaft in Peking traf sich Bockhold häufig mit einer Gruppe von Ausländern sowie Chinesen aus Hongkong, Taiwan und Singapur. Daraus entstand schließlich 2002 der Rotary Club Peking, der aufgrund verschiedener politisch bedingter Schwierigkeiten erst nach längerer Wartezeit im Jahr 2006 seine Charter erhalten konnte. Zwar durfte sich der Club unbehelligt – wenn auch nicht unbeobachtet – in einem Pekinger Hotel treffen, doch nach wie vor dürfen ihm keine Chinesen aus der Volksrepublik angehören.
Seit seiner Pensionierung 2008 lebt Wolfgang Bockhold nun in Friedberg bei Augsburg, zusammen mit seiner Frau – einer Japanerin. Kennengelernt hat er die Innenarchitektin freilich nicht in Japan, sondern schon während seines Studiums in München. Mariko Bockhold-Kodama hat auch das Haus eingerichtet, das in seinen Kellerräumen noch Überraschungen bereithält, die selbst japanische Gäste verblüffen: eine typische japanische Feierabend-Bar mit originaler Einrichtung und entsprechenden Getränken. Und daneben eine Karaoke-Bar, in der jeder zu Originalvideos aus dem japanischen Fernsehen seine Gesangskünste ausleben kann – der Hausherr macht es beeindruckend vor.
Im kommenden Jahr wird Wolfgang Bockhold Präsident des RC Friedberg in Bayern. Für sein Amtsjahr plant er, neben sozialen Projekten, auch eine Studienreise mit dem Club. In seine zweite Heimat, nach Japan.
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