ROTARY AKTUELL
Abenteuer Jugenddienst
Jedes Jahr wagen über 2000 Jugendliche weltweit mit Rotary Jugenddienst Deutschland e. V. (RJD) den Schritt ins Ausland. Eine von ihnen ist Aymará Hernandez. Von Argentinien führte sie ihr Weg im Jahr 2016/2017 ins beschauliche Paderborn.
Ich liebe das Gefühl, dass du aus dem Fenster schaust und es ist alles grün und ruhig. Und dass du tagsüber und abends überall hingehen kannst, ohne Angst haben zu müssen, dass etwas passiert. Das Land ist nicht so groß, aber es gibt doch so viele Möglichkeiten.“ Aymará Hernandez klemmt sich eine dunkle Haarsträhne ihres Bobs hinters Ohr und lächelt. Die 17-Jährige kommt aus Argentinien. Genauer gesagt aus Banfield, einer Stadt 15 Kilometer von Buenos Aires entfernt, aber für das letzte Jahr war Paderborn und Salzkotten ihr Zuhause. „Zu Hause, ich weiß nicht, das ist Argentinien. Eigentlich, aber das ist schwer zu sagen.“ Sie überlegt kurz. „Wenn ich nach einiger Zeit wieder nach Paderborn oder Salzkotten komme, fühle ich mich auch zu Hause.“
Vieles ist anders
Wie Aymará kommen jedes Jahr rund 550 Austauschschüler aus mehr als 40 Ländern mit Rotary International nach Deutschland. Sie leben in zwei bis drei Gastfamilien, gehen zur Schule und nehmen am Alltagsleben teil. Begleitet werden sie durch die Rotary Clubs vor Ort. In ihrem Gastclub, dem RC Paderborn-Bürener Land, erzählt Aymará in deutscher Sprache über die Herausforderung, eine fremde Kultur kennenzulernen, sich in einer neuen Sprache zu verständigen, das Leben in den Gastfamilien zu meistern und neue Freunde zu finden.
Mittlerweile ist ihre Sprache so hervorragend, dass man kaum vermuten würde, dass sie erst seit zehn Monaten hier lebt. Nur ihr rollendes „r“, ihre Sprachmelodie und ihre Schüchternheit, sich in Deutsch zu unterhalten, verraten ihre Herkunft.
Wenn sie in den Pausen auf dem Schulhof des Pelizäus-Gymnasiums steht, unterhält sie sich mit ihren Freundinnen und anderen Austauschschülern in einem Mix aus Spanisch, Englisch und Deutsch. „Ich habe Rotary durch Zufall kennengelernt“, erzählt sie. Eine Bekannte habe ein rotarisches Auslandsjahr absolviert und war begeistert. Also habe sie sich in Buenos Aires einen Rotary Club gesucht, Kontakt aufgenommen und dann die Bewerbung abgegeben. Sie habe zwar kein Wort Deutsch gesprochen, sei aber für ein persönliches Abenteuer zu haben gewesen.
„Vieles hier ist anders als in Argentinien. Gegrillt wird hier nur im Sommer und dann auch viel Gemüse. Feiern wir ein Asado, ein Familiengrillfest, sind Gemüse und Kartoffeln eher nur die Beilagen“, schmunzelt Aymará. Bekanntestes Getränk sei Mate, das schon vor der Entdeckung Amerikas getrunken worden sei. „Zubereitet wird es mit heißem, aber auch mit kaltem Wasser. Und mit Zucker“, erzählt sie. Wie viel Zucker hineingehört, darüber herrschen zwischen Austauschschülerin und Gasteltern jedoch unterschiedliche Ansichten. Dass Autofahren hier ganz einfach sein muss, davon ist Aymará überzeugt. Nur zwei Spuren pro Fahrbahn sei easy. „In Buenos Aires gibt es mit neun Spuren pro Fahrbahn die breiteste Hauptstraße der Welt. Das ist ein Wagnis.“
Reifer geworden
„Ich finde, Schule in Deutschland bietet mehr Freiheit“, erklärt die Argentinierin. „Das Schulsystem bei uns ist strenger. Wir haben keine Wahlmöglichkeiten, sondern müssen alle Kurse belegen.“ Was in Deutschland jedoch das Beste ist, verrät Gastmutter Claudia Westermann. „Nutella zum Frühstück und Schokolade überhaupt. In Banfield sei es einfach zu heiß für diese Süßigkeiten.“ Deshalb war für Aymará der Adventskalender ihrer Gastfamilie eine echte Überraschung. Die Schülerin lacht und erinnert sich daran, dass sie auch an Weihnachten hier in Deutschland richtig viel Spaß hatte, obwohl vieles anders gewesen sei. Für einen kurzen Moment wird sie etwas ernster. Die Sprache sei am schwierigsten gewesen. Und die deutsche Kultur zu verstehen. Es hat etwas gedauert, sich einzufinden. „Ich bin reifer geworden“, sagt Aymará, „habe neue Erfahrungen gesammelt, eine neue Sprache gelernt. Es hat meinen Blick auf Deutschland verändert. Und ich habe mehr Interesse für die Welt.“
Ende Juli ist sie zurück in ihre Heimat geflogen, um dort wieder zur Schule zu gehen. Im Dezember hat sie Abitur gemacht. Im Februar folgt dann das Studium. Dazu benötigt sie eine weitere Sprache. Hier könnte sie ihr Deutsch vertiefen. Auf das Wiedersehen mit ihren Eltern und ihrem Hund freute sie sich schon seit Längerem. Ganz oben auf ihrer Erwartungsliste steht auch der Genuss ihrer „dulce de leche“, ihres Karamell-Milch-Aufstrichs. Schließlich wurde die zweite und letzte Dose bereits am 12. Mai zu ihrer Geburtstagsfeier für ihre Torte verbraucht. Eines wird sie stattdessen jedoch in Banfield in jedem Fall vermissen: das Nutella-Glas beim Frühstück. „Und natürlich meine zwei Gastfamilien, die mich so herzlich aufgenommen haben.“
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