Rekonstruktion
Liebe Leserin, lieber Leser,
über das Gesicht unserer Städte wird wieder gestritten. Während sich vielerorts die historische Rekonstruktion der Kriegs- und Nachkriegsschäden durchgesetzt hat, halten das manche Städtebauer und Architekten weiterhin für den Sündenfall. Dabei geht es meist nicht um sentimentale Identitätsfindung, sondern um schlichte Stadtreparatur. Wir wissen, dass die Nachkriegsverluste einer rücksichtslosen Abriss- und Neubaupolitik die eigentlichen Kriegsverluste noch übertrafen, und wir blicken auf einen urbanen Totalschaden, der das Erscheinungsbild unseres Landes bis heute entstellt. Wolf Jobst Siedler sprach von der „gemordeten Stadt“ und für James Sterling war es die wichtigste Aufgabe der Gegenwart, die deutschen Städte von den Nachkriegsschäden der modernen Architektur zu befreien. Das meint kein Zurück zu gründerzeitlichen Stuckfassaden, sondern eine Rekonstruktion von Urbanität, die in den zugigen Rasterstädten des industriellen Bauens verlorenging. Das Septemberheft des Rotary Magazins widmet sich dieser Kontroverse, die weit mehr ist als ein Architektenstreit zwischen Tradition und Moderne (ab S. 38).
Die Frage, was fair für alle Beteiligten ist, gehört zum Kern des rotarischen Gedankenguts. Sie begegnet uns regelmäßig im täglichen Leben und auch im Wirken für unsere Organisation. Manchmal stellt sich jedoch die Frage, ob das, was allen Beteiligten nützt, auch im rotarischen Sinne legitim ist. Ein Beispiel ist das moderne professionelle Fundraising, bei dem die kommerziellen Interessen eines Unternehmens mit den Anliegen gemeinnütziger Vereine und Verbände übereinstimmen. Auch wenn derartige Kooperationen längst vielerorts praktiziert werden, sind sie doch für eine Organisation, die sich „selbstloses Dienen“ auf die Fahnen geschrieben hat, keine Selbstverständlichkeit. In einem rotarischen Schwerpunkt zeigen wir, welchen Nutzen alle Beteiligten aus einer solchen Verbindung ziehen können, und welche strategischen Partnerschaften Rotary bereits eingeht (ab Seite 10). Es ist ein guter Brauch, verdienten rotarischen Freunden besonders zu danken. Rainer Reichelt war in den letzten neun Jahren das Gesicht des Rotary Deutschland Gemeindienst e.V. (RDG), über den die Spenden der deutschen Rotarier für Zwecke der Rotary Foundation und auch für viele eigene Projekte abgewickelt werden. Bei hunderten Anträgen jedes Jahr verlangt ein solches Amt nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern vor allem auch viel Geduld. Rainer Reichelt und sein Düsseldorfer Team haben einen nicht unbedeutenden Anteil am Gelingen unzähliger rotarischer Projekte. Im Oktober geht nun seine Amtszeit als Vorsitzender des RDG-Vorstands zu Ende. Für uns ein guter Anlass, um Freund Reichelt in einem „Porträt“ zu würdigen (ab Seite 64).
Es grüßt Sie herzlichst Ihr
Johann Michael Möller
RC Berlin-Brandenburger Tor
Herausgeber des Rotary Magazins
© Antje Berghäuser rotarymagazin.de
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