Editorial
von Björn Lange |
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Unsere Demokratie ist nicht selbstverständlich

Konrad Adenauer hatte das Grundgesetz unterschrieben, die Bundesrepublik Deutschland war gegründet, da trat ein letztes Mal Theodor Heuss vor den Parlamentarischen Rat und sagte: „Und unsere politische Arbeit, die mag im Ergebnis dieses Tages ein ganz kleines Stück festen Boden gefunden haben.“ Heute, 75 Jahre später, wissen wir, dass dieses kleine Stück festen Bodens zu einem soliden Fundament geworden ist. Heute, 75 Jahre später, werden wir durch weltweit zunehmende Autokratien und durch Angriffe auf unsere Verfassung aus dem linken wie rechten politischen Spektrum aber auch daran erinnert, dass unsere Demokratie nicht selbstverständlich und darum schützenswert ist. Nur vier Jahre nach Kriegsende ermöglichten die westlichen Alliierten einen Neustart, eine Kontrolldemokratie zwar, wie Vorsichtsmaßnahmen wie die Fünf-Prozent-Hürde belegen. Selbst die 65 Abgeordneten des Parlamentarischen Rats trauten dem Täter volk nicht. Und dennoch formulierten sie eine Schrift, die den Menschen in den Mittelpunkt der Verfassung stellt. „Dazu zählt ein liberalisiertes Menschen- und Staatsverständnis: Der Staat ist um der Menschen willen da – nicht umgekehrt. Die Republik entsteht aus dem Willen ihrer Bürger, und sie dient ihrer Freiheit“, schreibt der ehemalige Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio zum Auftakt unserer Titelgeschichte. Und er nimmt die Bürger in die Pflicht: „Politik ist und bleibt das Resultat der Willensbildung des Volkes.“

In weiser Voraussicht war das Grundgesetz 1949 als Provisorium formuliert worden, das erst nach vollendeter Einheit mit dem östlichen Landesteil zum Definitivum werden sollte. Tatsächlich stand 40 Jahre später nach dem Mauerfall kurzzeitig die Frage im Raum, ob sich das wiedervereinigte Deutschland eine neue Verfassung geben oder die DDR dem Grundgesetz beitreten sollte. Johann Michael Möller, Publizist und Herausgeber des Rotary Magazins, erinnert in seinem Beitrag daran, weshalb die Entscheidung der Volkskammer, nach Artikel 23 der Bundesrepublik beizutreten, trotz Alternativen so zügig fiel: „Für einen eigenen, notwendigerweise zeitraubenden Verfassungsprozess war in den Monaten der untergehenden DDR kein Raum mehr gewesen. (…) Es ging damals eben nicht um den gerechtesten, sondern um den kürzesten Weg zur Einheit.“ Die Wiedervereinigung, so Möller, hätte keinen Aufschub mehr geduldet, zu groß sei die Ungeduld gewesen: „Die Menschen im Osten befanden sich 1990 wirtschaftlich wie gesellschaftlich im freien Fall.“

Als nach Russlands Einmarsch in die Ukraine die Energiepreise stiegen, wurden die Miteigentümer von sieben Bürgerwindparks im Münsterland ungewollt zu Kriegsgewinnern. Sie beschlossen, mit ihren Ertragsüberschüssen den Menschen in der Ukraine zu helfen, trugen 2,2 Millionen Euro zusammen und machten Claus Muchow (RC Steinfurt) zu ihrer Speerspitze. Für Bezirksschornsteinfegermeister Muchow ist es nicht der erste „Fronteinsatz“, 20 Jahre lang war er für das Internationale Rote Kreuz in die Krisenregionen der Welt gereist, um Hilfe zu koordinieren. Haiti, Thailand, Balkan, Westafrika. Jetzt also die Ukraine. Mehr als 400 Krankenhausbetten hat die Initiative seit Kriegsausbruch an verschiedene Kliniken geliefert. Die jüngste Reise führte Muchow und sein Team im April unter anderem nach Tscherkassy, Odessa und nach Charkiw ganz nah an die Frontlinie. Der Journalist Axel Roll hat die Reise für uns begleitet.

Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht

Björn Lange
Chefredakteur

Björn Lange

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