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Foundation-Schwerpunkte

Die Rotary Foundation unter Druck

Foundation-Schwerpunkte - Die Rotary Foundation unter Druck
Vor dem Essen beten die Kinder in der Farmschule Baumgartsbrunn in Namibia. Seit 2006 ist der RC Lahr dort engagiert und hat mit zwei Global Grants den Ausbau der Anlage für 250 Kinder ermöglicht. © RC Lahr

Immer mehr Anträge auf Global Grants überfordern das Budget der Rotary Foundation. Kürzungen der Zuschüsse sind unvermeidlich.

Matthias Schütt01.04.2021

Eigentlich ist es eine gute Nachricht: Immer mehr Clubs wollen Hilfsprojekte mit Global Grants finanzieren, die ab einem Volumen von 15.000 US-Dollar mit derselben Summe von The Rotary Foundation (TRF) rechnen können. Doch der Anstieg der Global Grants von 868 Anträgen im Jahr 2013/14 auf 1359 nur sechs Jahre später bringt massive Probleme mit sich: Der World Fund (WF), in dem 50 Prozent der Spenden deponiert werden (siehe Beistück), kann die Zuschüsse nicht mehr aus eigenen Mitteln leisten. Deshalb hat TRF zum 1. Juli 2021 verschiedene Kürzungen beschlossen.

Wie der Vorsitzende der TRF-Trustees Ravi Ravindran in einem Schreiben an die Distrikte erläutert, war der WF schon in den letzten Jahren immer wieder vorzeitig erschöpft. Im laufenden Rotary-Jahr müssen deshalb 20 Millionen US-Dollar unter anderem aus Betriebsreserven der TRF zugeschossen werden. Und auch das, so Ravindran, „reicht leider nicht aus, um die zu erwartenden Anträge zu erfüllen“.

Deshalb werden die Distrikte über ihre Distrikt Designated Funds (DDF) in Zukunft stärker zur Finanzierung des SHARE-Systems herangezogen. Die beschlossenen Kürzungen betreffen vier Bereiche:

  1. DDF-Mittel für die Polio-Kampagne werden nur noch zu 50 Prozent aus dem World Fund bezuschusst (bisher 100 Prozent).

  2. DDF-Mittel für Global Grants werden statt zu 100 nur noch zu 80 Prozent vom WF „gematcht“).

  3. Die jährlichen Betriebskosten von 5 Prozent werden künftig hälftig WF und DDF entnommen (bisher nur WF). Spenden aus Deutschland, die TRF im Rahmen von „Every Rotarian Every Year“ (EREY) zugehen, sind davon ausgenommen.      

  4. Die Möglichkeit, DDF-Mittel über mehrere Jahre anzusammeln, wird auf fünf Jahre begrenzt. Danach fließen sie an den WF, wenn die Distrikte nichts anderes beschließen.

In der Vergangenheit war TRF sehr großzügig, wenn es darum ging, Anreize für Global Grants zu setzen, die nach ihrer Einführung 2013 nur zögernd beantragt wurden. Die einseitige Übernahme der Betriebskosten war ebenfalls als Anreiz an die Distrikte gedacht, ihre DDF-Mittel zügig zu investieren. Das allerdings erwies sich als Illusion. Nicht wenige Distrikte können oder wollen ihre Mittel nicht zeitnah ausschütten.

„Bei der Entscheidungsfindung haben sich die Trustees von der Überlegung leiten lassen, weiterhin alle Global Grants zu fördern, die die Antragskriterien erfüllen – und nicht, was denkbar wäre, nur noch eine Auswahl der besten“, erläutert Peter Schnell vom RI-Büro Zürich die Diskussionen in Evanston.

Zeitnahe Investition

Mit der Entscheidung, Polio-Spenden aus dem DDF – laut Schnell zuletzt 8,4 Millionen USD im Jahr – zukünftig nicht mehr zu 100 Prozent zu „matchen“, kehrt TRF zu dem Verfahren zurück, das bis Mitte 2019 galt. Auch dieses Match sollte dafür sorgen, die DDF-Mittel zeitnah zu investieren und nicht zu „bunkern“.

Diese Kürzung allerdings ist gefährlich, worauf der Regional Rotary Foundation Coordinator (DRFC), Gerhard Lintner, hinweist: Bei den Polio-Spenden muss Rotary jedes Jahr 50 Millionen USD an Spenden einwerben, weil nur dann die 2:1-Zuschüsse der Gates-Foundation voll ausgeschöpft werden, immerhin 100 Millionen USD. „Wenn wir das nicht mehr schaffen, wird es wirklich ernst“, so Lintner. „Das könnte Auswirkungen auf die bisherige TOP-Bewertung der TRF im US-Charity Navigator haben. Vom Imageverlust abgesehen ist dann auch ein Einbruch bei den Großspenden nicht auszuschließen.“

Mit anderen Worten: Rotary hat einen Ruf und eventuell viel Geld zu verlieren. Die inzwischen angelaufenen Diskussionen zwischen Distrikten und Evanston dürften noch spannend werden. 


DDF und WF

Alle Spenden an den Programmfonds der Rotary Foundation werden grundsätzlich auf drei Jahre am Kapitalmarkt angelegt. Danach werden sie im SHARE-System zu jeweils 50 Prozent aufgeteilt – auf den World Fund (WF), aus dem die Zuschüsse zu Global Grants kommen, und auf den District Designated Fund (DDF), der den Distrikten zur Finanzierung eigener District Grants zur Verfügung steht. Probleme entstehen dann, wenn die im WF für Zuschüsse eingeplanten Mittel nicht ausreichen, weil bei gleichbleibenden Spendenzufluss immer mehr Global Grants bedient werden müssen oder die Projektsummen größer werden. Da aus dem WF – pro Jahr rund 120 Millionen US-Dollar – auch andere Aufgaben wie die Peace Centers, die Kosten für Fundraising und Administration, die Programmausgaben sowie die Disaster Relief Grants zur Katastrophenhilfe finanziert werden, bleiben den Trustees nur zwei Möglichkeiten: entweder generell die Zuschüsse zu kappen oder eben Kürzungen zu beschließen.        

Matthias Schütt

Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.