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Frankfurt am Main

Die Kultur braucht Begegnung

Frankfurt am Main - Die Kultur braucht Begegnung
Oper Frankfurt: Vincenzo Bellini/ „I Puritani“ mit Brenda Rae (Elvira) und Kihwan Sim (Sir Giorgio; links im Hintergrund) © Barbara Aumüller

Intendant der Frankfurter Oper Bernd Loebe und Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse Juergen Boos im Gespräch mit Sylvia Faber und Jörg-Uwe Hahn.

Claus Peter Müller von der Grün02.10.2021

"Gehen Sie raus, besuchen Sie die Buchmesse und die Oper. Kultur braucht Begegnung!"

Mit diesen Worten rüttelt Juergen Boos (RC Frankfurt/Main-Römer), Direktor und Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse, die Teilnehmer am September-1820 Talk gleichsam wach. Unter der Moderation von Sylvia Faber (RC Frankfurt/Main International) und Jörg-Uwe Hahn (RC Frankfurt/Main-Alte Oper) diskutieren die Freundinnen und Freunde mit ihm und Bernd Loebe (RC Frankfurt/Main-Alte Oper), Intendant der Oper Frankfurt, die Frage "Kunst & Kultur: Wie Phönix aus der Asche?"

Die Pandemie, keine Frage, die war ein Einschnitt. Bernd Loebe räumt ein, dass er es während der Pandemie mangels Alternativen genossen habe fernzusehen, und selbst er sich gefragt habe: "Brauchst du noch Theater? Genauso muss es Teilen des Publikums ergangen sein. Wir müssen uns Zeit geben, um wieder zurückzufinden." Doch der Intendant ist zuversichtlich. Der Spielbetrieb könne wieder starten, und die Stimmung unter den Künstlern sei "überraschend gut". 80 Prozent von ihnen seien durchgeimpft. Andere "ziehen sich aus den online-Medien die Fake News rein", was es erschwere, zu einem sachlichen Miteinander zu finden. Unterdessen, gesteht Bernd Loebe, gelinge es ihm nicht, für alle Verständnis zu haben. Im September sei vor Corona schon die Hälfte der Karten für die neue Spielzeit verkauft gewesen, nun seien es 10 bis 20 Prozent. Wenn es so weitergehe, werde "einiges fehlen in der Kasse", aber er hoffe, dass die Stadt "verständnisvoll" sein werde. Der Intendant ist sicher, dass sich die Situation bessern werde, wenn nach den ersten Vorstellungen die Mund-zu-Mund-Propaganda einsetze. Das "städtische Prinzip des Raunens" werde greifen. "Da musst du hingehen", werde der eine dem anderen zureden.

2021, Juergen boos
Juergen Boos (Direktor und Geschäftsführer der Frankfurter Buchmesse), RC Frankfurt/Main-Römer  © Bernd Hartung

Die Buchmesse, das macht ihr Direktor Juergen Boos klar, ist anders aufgestellt als ein öffentliches Haus, denn sie ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Die Buchmesse sei wie ein großes Fußballstadion, in dem vor achtzehn Monaten das Spiel abgesagt worden sei. Der digitale Ersatz, der stattdessen aufwändig geboten worden sei, sei hinreichend gewesen, aber nicht ausreichend. Denn die Buchmesse lebe von der Begegnung von Menschen aus 120 Nationen. In diesem Jahr dürfen dank einer Sondergenehmigung des Gesundheitsamtes der Stadt 25.000 Besucher und Besucherinnen auf das Messegelände. Hier sind zahlreiche Bühnen vorgesehen, die ARD-Buchmessenbühne in der Festhalle, das Blaue Sofa in Halle 3.1 und auch der Verlag Penguin Random House habe ein umfangreiches Programm geplant. Darüber hinaus schaffe die Buchmesse mit dem BOOKFEST Orte und Anlässe für Begegnung mit 50 Veranstaltungen in der Stadt. Zur Messe seien Teilnehmer aus über 60 Ländern angemeldet. Über 180 Autoren und Autorinnen swerden ihre neuen Bücher auf der Frankfurter Buchmesse vorstellen.

In New York bestehe bis zum Jahresende noch ein Reiseverbot, das auch Folgen für Verlage aus dem englischen Sprachraum habe. "Die Menschen warten darauf, dass es losgeht mit Standparties und Treffen in Kneipen in der Stadt, aber das sehe ich noch nicht so", sagt Juergen Boos und erinnert daran, dass Autoren durch die Begegnung und öffentliche Lesungen auch ihr Geld verdienen. Juergen Boos dankt der Bundesregierung, dem Land Hessen und auch der Stadt Frankfurt für die Unterstützung, die sein Unternehmen aus öffentlichen Kassen erhält, plädiert aber auch für eine nachhaltige und strukturelle Förderung. "Deutschland braucht ein Kulturministerium, im Moment ist das alles Ländersache", sagt der Direktor der Buchmesse.

Auch Opernintendant Bernd Loebe verlangt, "die Kunst soll nicht immer kämpfen müssen". Er müsse gegenüber den Kommunalpolitikern die Oper "in regelmäßigen Abständen legitimieren. Das macht mich müde." Die Stadt Frankfurt habe eine weltweit bekannte Oper auf hohem, internationalem Niveau. "Wir sind ganz vorne mit dabei. Wenn wir Premiere haben, wissen die Leute in New York besser darüber Bescheid als in Bonames. Frankfurt ist Vorbild für andere. Mit weniger Geld als München, Stuttgart und Berlin erzeugen wir mindestens so viel Erfolg", lobt Bernd Loebe das Opernhaus als "Trüffelschwein". Wenn er aus dem Ausland nach Frankfurt zurückkehre, vermittele sich bisweilen der Eindruck: "Wir sind hier gar nichts." Auch Juergen Boos, der die Buchmesse als "Leuchtturm" schildert, hält Frankfurt und den Frankfurtern vor, "die Stadt stellt ihr Licht unter den Scheffel. Wir machen zu wenig daraus, dass die Stadt eine Kulturmetropole ersten Ranges ist".

Der 1820 Talk vom 15. September 2021 ist unter dem Link https://rocloud.rotary.de/s/dFLgcZH7wD7HSaK zu sehen und zu hören.

Claus Peter Müller von der Grün

Claus Peter Müller von der Grün ist Journalist. 1960 in Kassel geboren kehrte er — nach dem Studium in Dortmund und verschiedenen beruflichen Stationen in Dortmund, Düsseldorf und Frankfurt — nach der Wiedervereinigung nach Kassel zurück. Dem RC Kassel-Wilhelmshöhe gehört er seit dem Jahr 2000 an. Im Jahr 2013/14 war er Präsident seines Clubs. Sowohl im Club, als auch auf der Distriktebene war er schon mehrfach in Sachen der Kommunikation aktiv, derzeit ist er Distriktberichterstatter von D1820.