Rotary Porträt
Frankfurter Ball-Geschichten
Spitzensport und soziales Engagement verschmelzen im Konzept von Gunnar Wöbke, Geschäftsführer und Manager des Basketball-Bundesligisten FRAPORT Skyliners
Der Blick auf die aktuelle Basketball-Bundesliga kann Gunnar Wöbke nicht gefallen: Seine FRAPORT Skyliners stehen mit sechs Punkten aus elf Spielen fast im Tabellenkeller. Dabei liegt gerade ein großes Jahr hinter dem Team, das im Frühjahr seinen ersten europäischen Pokal gewinnen konnte und in der Deutschen Meisterschaft bis ins Halbfinale vorstieß. „Aber so ist das nun mal im Hochleistungssport“, weiß Wöbke. „Ich will, dass wir immer unser Bestes abrufen. Wenn wir dann nicht gewinnen, ist das vielleicht schmerzlich, aber auch okay.“ Die Tabellensituation ist für den Geschäftsführenden Gesellschafter kein Grund, nervös zu werden. Da gab es schon ganz andere Herausforderungen in der Geschichte des Frankfurter Basketball-Clubs.
Erfüllung im sozialen Engagement
Bevor wir diese Geschichte nachzeichnen, ein kurzer Hinweis: Es geht im Folgenden um zwei verschiedene Vereine oder genauer: um einen Verein mit zwei Gesichtern. Das eine prägt den bekannten Proficlub, organisiert als GmbH, das andere einen gemeinnützigen e.V., der sich intensiv um Kinder und Jugendliche kümmert. Für beides brennt der 49-Jährige, der dem sportlichen Erfolg (fast) alles unterordnet und doch einen großen Teil seiner persönlichen Erfüllung darin findet, „dass ich in der täglichen Arbeit meine sozialen Anliegen gleich mitverfolgen kann“. Von hier aus ist es ein kurzer Weg zum RC Frankfurt-Paulskirche, in dem er seit 2003 Mitglied ist. Wöbke steht in Frankfurt für große sportliche Erfolge und für die beispielhafte Sozialaktion „Basketball macht Schule“, die seit sieben Jahren Tausenden Kindern zugutekommt.
Er ist selbst in diesem schnellen amerikanischen Hallensport groß geworden, nachdem er in der Jugend in Troisdorf zunächst Handball und Tennis gespielt hatte. Bei einem Gardemaß von 1,97 war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein Basketball-Coach auf ihn aufmerksam wurde. Bis zur ersten Bundesliga hat Wöbke als Halbprofi gespielt und damit sein Studium der Ernährungs- und Haushaltswissenschaften finanziert. Ein zweites finanzielles Standbein wurde die Unternehmensberatung, in die er über einen Studentenjob gerutscht war. Diese drei Komponenten – Sport, Studium, Nebenjob – führten nach dem Diplom zu einer entscheidenden Weichenstellung: Wöbke, mit 27 ohnehin in der Schlussphase seiner Karriere als Spieler, übernahm 1994 das Management seines Basketball-Teams in Rhöndorf.
Ein Überflieger im Hörsaal
Seither ist der Sportunternehmer in Personalunion Geschäftsführer und Manager. Einer, für den zielstrebig keine beliebige Eigenschaft ist, sondern Grundantrieb. Schon im Studium: Als erster Absolvent seines Faches überhaupt schloss er das Studium noch vor der Regelstudienzeit ab – und hängte gleich noch eine Dissertation an. „Ich lerne halt gerne und schnell“, lächelt er und erwähnt nebenbei, dass er derzeit noch einmal studiert …
Doch dazu später. Jetzt geht es erst einmal um Basketball. Das war in Deutschland ein ganz normaler Mannschaftssport, bis in den 1990er Jahren die Amerikanisierung einsetzte. Ein kurzer Blick auf die Namen der Bundesliga-Teams verrät es. Wöbke war daran nicht unbeteiligt. Er hospitierte in Philadelphia und mischte dann in Deutschland die Szene auf. Seither gibt es Cheerleader und Einlaufrituale, um nur zwei neue Elemente zu nennen.
Dem jungen Rhöndorfer Manager mit Lizenz für die Bundesliga stellte sich allerdings ein gravierendes Problem: Wirtschaftlich interessante Perspektiven waren zwischen Rhein und Siebengebirge nicht zu finden. Auf der Suche nach einem passenden Standort erwies sich Frankfurt als ideal. Seit 1999 spielt das Profi-Team in der Mainmetropole, wurde 2000 Pokalsieger und 2004 Deutscher Meister. Dem Auf und Ab im sportlichen Wettbewerb steht auf kaufmännischer Seite eine grundsolide Geschäftsführung gegenüber, die im Profisport nicht überall zu finden ist.
Das zweite Gesicht des Frankfurter Basketballs zeigt sich jede Woche in 140 Schul-AGs, die über den Mannschaftssport auf eine altersgerechte gesunde Entwicklung hinwirken. Schüler der Klassen 1 bis 6 – derzeit 3500, darunter viele Flüchtlinge – werden von 90 Trainern begleitet, die dafür sorgen, dass sich die Kinder bewegen, gesünder ernähren und sich möglichst auch einem Sportverein anschließen. „Wenn das bis zum zwölften Lebensjahr nicht gelingt, erreichen wir sie praktisch nicht mehr“, weiß Wöbke. Es geht ihm dabei weniger um Talentsichtung für den eigenen Nachwuchs, sondern darum, Sport als selbstverständlichen Teil der Freizeitgestaltung bei Kindern populär zu machen.
Die Kosten für dieses Projekt erwirtschaftet der Verein unter anderem über eine jährliche Benefigala, auf der Förderer aus der Frankfurter Gesellschaft ihren Einsatz für das Projekt platzieren. „Basketball macht Schule“ habe natürlich auch Rückwirkung auf die Zusammenarbeit mit Sponsoren, sagt Wöbke, „Sie können sich neben dem Sport auch mit einem wertvollen gesellschaftlichen Ziel identifizieren.“
Matthias Schütt ist selbständiger Journalist und Lektor. Von 1994 bis 2008 war er Mitglied der Redaktion des Rotary Magazins, die letzten sieben Jahre als verantwortlicher Redakteur. Seither ist er rotarischer Korrespondent des Rotary Magazins und seit 2006 außerdem Distriktberichterstatter für den Distrikt 1940.
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