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Israel

Im Fokus: Frieden und Freundschaft

Israel - Im Fokus: Frieden und FreundschaftFotostrecke: Israel-Besuch 2017
Auf die Räder, fertig, los: Rotarische Charitytour in und um Jerusalem © Gidi Peiper

Mitglieder des Länderausschusses Deutschland/Israel bereisten Israel, intensivierten Kontakte zu den dortigen Rotariern und machten eine erstaunliche Entdeckung.

Christian Kaiser04.07.2017

Deutschland und Israel verbinden über 100 Städtepartnerschaften – aber nur eine Partnerschaft zwischen Rotary Clubs. Diese „ausbaufähige“ Bilanz war Anlass für Gabi Oren, Governor des Distriktes 2490, eine deutsche Delegation zu seiner Distriktkonferenz nach Jerusalem einzuladen.

Eine 17-köpfige Gruppe – darunter der Vorsitzende des Länderausschusses Deutschland-Israel (LADI), PDG Christof Hottenrott - machte sich daraufhin auf den Weg ins Heilige Land. Empfangen wurde die Delegation durch Gidi Peiper. Gidi Peiper - als PRID (Past Rotary International Director) äußerst gut vernetzt – hatte rund um die Distriktkonferenz ein außergewöhnliches Programm zusammengestellt. Außer zu den bekannten Highlights begleiteten er und seine Frau Chen die Teilnehmer durch das faszinierende Land zu Orten und menschlichen Begegnungen, die ein Tourist so wohl nie erleben wird.

Christof Hottenrott, Fahrrad, Israel
Voller Erwartung: Christof Hottenrott.
Christian Kaiser

Charity-Tour

Gleich am ersten frühen Morgen stand eine Charity-Tour per Fahrrad auf dem Programm. Verstärkt durch einen Guide und zahlreiche israelische Rotarier (darunter 4 PDGs) fuhr man vorbei an Knesseth und Präsidentenpalast durch die hügelige Parklandschaft von Westjerusalem in die Altstadt. Auch dank nachträglicher Spendenakquise kommen 4.000 Euro zusammen, die zwei Sonderschulen mit behinderten überwiegend arabischstämmigen Schülern zugutekommen werden.

Supreme Court

Nach dem Radausflug stand der Supreme Court auf dem Plan. Die ästhetisch äußerst gelungene moderne Architektur mit der erst auf den zweiten Blick erkennbaren Symbolik von Recht und Gerechtigkeit sowie die Aufgaben dieser Einrichtung wurden von einem Mitarbeiter eindrucksvoll erklärt. Am Schluss stand hier ein Empfang mit Diskussionsrunde bei Rotarier Salim Joubran, dem ersten arabisch-stämmigen Richter in leitender Funktion an diesem obersten israelischen Gericht.

Der Rückweg zum Tagungshotel führte über das Hadassah Medical Center, in dem zwölf von Marc Chagall 1962 zu biblischen Themen geschaffenen Glasfenster bewundert wurden.

Distriktkonferenz

Die Teilnahme an der Distriktkonferenz – TOP Länderausschuss Deutschland/Israel – schloss sich fast nahtlos an. Nach Vorstellung der deutschen Gäste dankte hier Christof Hottenrott für die Einladung und übermittelte die Grüße des deutschen Governorrates. In seiner Rede wies er darauf hin, dass Deutsche und Israelis nicht nur gemeinsame Werte haben, sondern auch von vielen gemeinsam dafür gehasst werden. Er versicherte zugleich, dass die deutsche Gruppe - im Geiste Rotarys - alle Bemühungen um Dialog, Verständigung und Frieden unterstützt.

Passend hierzu erwähnte Christof Hottenrott die derzeitige wissenschaftliche Aufarbeitung der Schicksale der jüdischen Rotarier während der NS-Zeit durch eine Expertengruppe deutscher rotarischer Historiker. Er wünschte sich zugleich, möglichst viele der Anwesenden zur Vorlage erster Ergebnisse anlässlich der World Convention 2019 in Hamburg begrüßen zu können.

Als Ausdruck des Dankes zeichnete Christof Hottenrott sodann das „rotarische Urgestein“ Gidi Peiper und seine Nachfolgerin im Vorsitz des LADI (israelische Seite), Laura Netzer, mit einem PHF aus. Abschließend äußerte er den Wunsch, dass über den bereits funktionierenden Jugendaustausch hinaus möglichst viele Kontakte zwischen den Rotary Clubs beider Länder entstehen – mit Gemeindienstprojekten im Gefolge.

Governor-Dinner

Das sich anschließende Governordinner verlief sehr informell. Es gab keine Tischordnung und die deutschen Gäste mischten sich einfach unter die Israelis. Die Stimmung war freundlich, fröhlich, locker - die Menschen äußerst zugewandt. Man fühlte sich einfach wohl, eben wie unter vertrauten rotarischen Freunden. Es waren keinerlei Vorbehalte zu spüren und die lebhaften Tischgespräche wurden teils auf Deutsch geführt.

Israel, Hottenrott, Länderausschuss Deutschland-Israel, Musik
Man fühlte sich an Anatevka erinnert - Klezmermusik gehörte dei der Abendunterhaltung dazu. ©Christian Kaiser

Nach dem Dinner spielte im Tagungssaal eine Band auf. Zu der sehr variantenreichen Musik, die teils an türkische Klänge erinnerte, tanzte (fast) der ganze Saal – ausgenommen einige wenige, die Gespräche an der Bar vorzogen.

Rotarisches Leben vor 2000 Jahren

Am folgenden Tag standen zunächst touristische Ziele in Jerusalem auf dem Programm. Ulrich Soenius, als Historiker und Archivar mit einem siebten Sinn ausgestattet, entdeckte hierbei im Israel-Museum auf einer der Qumram-Rollen, dass es bereits vor 2.000 Jahren „Rotarisches Leben” am Toten Meer gab. So zitierte er aus einer englischen Übersetzung: "They live together into clubs, bands of comradeship with common meals, and never cease to conduct all their affairs to serve the general weal".

Distriktkonferenz

Das „rotarische“ Leben im Hier und Jetzt wurde danach wieder auf der Distriktkonferenz aufgenommen. Neben einem intensiven Austausch mit den Präsidenten und Funktionsträgern der etwa 50 israelischen Clubs und den führenden Persönlichkeiten des Beirates stand zum Abschluss des offiziellen Teils erneut der Länderausschuss auf der Tagesordnung. Im Vorgriff auf eine vorgesehene Pflanzaktion bekamen hierbei alle deutschen Teilnehmer eine
Urkunde überreicht.

Sabbat-Beginn

Mit Fortschreiten des Uhrzeigers wurden die Formalien deutlich beschleunigt und pünktlich um 18 Uhr schloss sich nahtlos der „Kabbalat Schabbat“, der Empfang des Sabbats, an.

Verschiedene Laiensänger trugen hierbei feierlich wirkende Gesänge vor, teilweise mitgesungen von der rotarischen Gemeinde. Das fast halbstündige locker-routiniert ablaufende Zeremoniell hatte bei aller Ernsthaftigkeit keinerlei
liturgischen „Gottesdienstcharakter“.

Nach dem Essen war wieder Life-Musik angesagt – diesmal eher eine internationale Mischung, weniger nahöstlich. Eine phantastische Sängerin brachte zusammen mit ihrer Band den Saal zum Beben – unter anderem mit bekannten
Melodien, die in Kanonform vom Publikum mitgeschmettert wurden.

Massada-Mythos

Markantes Ziel am vierten Tag der Reise war Massada, eine ehemalige Festung über dem Toten Meer. Im Jahr 70 nach Christus hatten sich hier in militärisch aussichtsloser Lage die tausend Verteidiger mit ihren Familien das Leben genommen, um nicht als Sklaven in die Hände der Römer zu fallen.

Mit der Gründung von Israel wurde der Massada-Mythos quasi zur Staatsphilosophie: Immer (militärisch) so stark sein, dass man nie in dieVerlegenheit kommt, zwischen Tod und Sklaverei wählen zu müssen.

Landwirtschaft

Beim anschließenden Besuch eines landwirtschaftlichen Betriebes im ehemals jordanischen Teil des Jordantales erfuhren die deutschen Gäste viel über Anbau und Vermarktung von Datteln, Tafeltrauben und diversen Kräutern. Die Ländereien waren vor 35 Jahren von einer jüdischen Familie gekauft und kultiviert worden. Der heutige Betriebsleiter, bereits die zweite Generation, bezeichnete das Verhältnis zu den palästinensischen Dorfbewohnern als gut. Beide Seiten würden vom wirtschaftlichen und kulturellen Austausch profitieren. Nach seinen Vorstellungen sollte doch im ganzen Land eine Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern möglich sein – ähnlich wie zwischen Deutschen und Franzosen.

Wasserwirtschaft

Kontakte von Gidi Peiper ermöglichten am nächsten Tag eine Besichtigung der hochgesicherten Wasserzentrale in Mekorot am See Genezareth. Hier erfuhren die deutschen Gäste teils überraschende Fakten: So hat das aus Wasserhähnen fließende Nass in ganz Israel Trinkwasserqualität. Während inzwischen bereits 85 Prozent des Wassers von Entsalzungsanlagen bereitgestellt werden, kommen nur noch 5 Prozent des Wassers aus dem See Genezareth beziehungsweise den früher umkämpften Jordanquellen.

Neben den Palästinensergebieten werden auch Teile von Jordanien, darunter die Hauptstadt Amman, mit Trinkwasser versorgt. 80 Prozent des Abwassers werden als geklärtes Rieselwasser in der Landwirtschaft eingesetzt.

Gidi Peiper, Israel, Peace Forest
Gidi Peiper erklärt den Peace Forest © Christian Kaiser

Paul Harris Peace Forest

Nachdem bereits auf der Distriktkonferenz die Urkunden für die Baumpflanzaktionen verliehen worden waren, wurde nun der weltweit einzige „Paul Harris Peace Forest“ besucht. Seit 1965 wurden hier ca. 65.000 Bäume gepflanzt. Auf einem eindrucksvollen Stein-Monument im Zugangsbereich des Waldes sind die Namen aller Weltpräsidenten und Distriktgovernor in D 2490 eingemeißelt. Die mit den Pflanzungen eingeworbenen Spendengelder kommen israelischen Aufforstungsprojekten zugute.

Die Hoffnung, dass der bis an die Grenze reichende Peace Forest auf libanesischer Seite von den dortigen Rotariern fortgeführt wird, hat sich leider bis heute nicht erfüllt.

Abschied

Nach Besuchen der touristischen Attraktionen in und um Tel Aviv hieß es Abschied nehmen. Gidi Peiper hatte dafür in seinem Garten den stimmigen Rahmen geschaffen. Außer aus seinem Club, dem RC Ramat Hasharon, waren auch von der Distriktkonferenz her bekannte rotarische Freunde gekommen, um auf betont herzliche Art und Weise "Auf Wiedersehen" zu sagen.

Der Bürgermeister der Stadt lobte in seinem Grußwort das hier sichtbare gute Verhältnis zwischen Israelis und Deutschen und äußerte die Hoffnung, dass in nicht allzu ferner Zeit auch mit den Palästinensern eine Versöhnung möglich sein wird.

Christof Hottenrott dankte noch einmal im Namen der deutschen Gäste für das außergewöhnliche Programm und die herausragende Gastfreundschaft und lud die israelischen Freunde nach Deutschland ein – spätestens zur World Convention 2019 in Hamburg.

Mehr Eindrücke von der Israel-Reise finden Sie hier - einfach aufs Bild klicken:

Israel, Länderausschuss Deutschland-Israel, Hottenrott

Nach Abschluss der Reise fasste der Vorsitzende des LADI, Christof Hottenrott, folgendes Fazit:

  • Beim LADI mit über 40 Mitgliedern aus allen deutschen Distrikten geht es im Unterschied zu den üblichen ICCs aufgrund unserer Historie eher um Freundschaft und Völkerverständigung als um Hilfsprojekte.
  • Der Fokus liegt daher auf Jugendaustausch, Partnerschaften zwischen Städten und Rotary Clubs sowie friedensstiftenden Projekten im Nahen Osten und gemeinsamen Hilfsprojekten zum Beispiel für Afrika.
  • Ziel der jetzigen Reise war, die rotarischen Kontakte zu intensivieren. Daher sind wir gerne einer Einladung zur DIKO in Jerusalem gefolgt.
  • Wir wurden sehr freundschaftlich, geradezu liebenswürdig aufgenommen. Zum Erfolg der Reise haben auch gegenseitige Wertschätzungen und Ehrungen bei den gemeinsamen Veranstaltungen beigetragen.
  • Die insgesamt 17 Teilnehmer konnten viele wertvolle Kontakte knüpfen und sich bezüglich einer zukünftigen Kooperation austauschen.
  • Bei bislang über 100 Städtepartnerschaften und nur einer Partnerschaft zwischen Rotary Clubs bahnen sich jetzt mehrere neue Verbindungen an.

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