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Was wurde aus der "Arabellion"?

Die Folgen des Islamismus

Rafael Seligmann22.02.2012

Der Euphorie folgt der Katzenjammer. Der „arabische Frühling“, der Sturz der Militär- und Geheimdienstdiktaturen in der arabischen Welt, wurde in den Medien des Westens, speziell in Deutschland, fast unisono als Expresszug zur Demokratie gefeiert. Tenor: Durch Protest und Facebook, Twitter hätten die arabische Jugend und die Intellektuellen Freiheit und Menschenrechte für ihre unterdrückten Völker errungen. Wer vor einem Jahr den Hinweis wagte, Revolutionen bräuchten etwa ein Jahrhundert Zeit, bis die Freiheit durchgesetzt sei – siehe Deutschland (1848–1949) und Frankreich (1789–1871) – wurde als Schwarzseher abgetan.


Doch nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse der ersten relativ freien Wahlen in Tunesien und Ägypten, nach dem faktischen Bürgerkrieg in Syrien schlägt die westliche Manie vielfach in Depression um. Nun sei der „arabische Winter“ angebrochen, heißt es. Die amerikanische Regierung scheint wenig aus der jüngsten Geschichte, etwa dem Geschehen in Iran, gelernt zu haben und meint, der Militärführung in Kairo Unterweisungen in Demokratie erteilen zu müssen.


In Arabien trägt eine absehbare Entwicklung ihre Früchte. Jahrzehnte lang unterdrückten korrupte Militärdiktaturen, die sich sozialistisch gaben, die Bevölkerung und scherten sich wenig um deren Bildung und Gesundheit. Milliardenschwere Zahlungen aus Ost und West dienten vorwiegend der Stabilisierung der herrschenden Regime. Die Militärapparate wuchsen, die Menschen blieben arm und ungebildet.

    
Das soziale und mentale Vakuum wurde von Islamisten ausgefüllt. Vor allem in Ägypten, wo die religiösen Fundamentalisten aktiv sind. Die von Hassan el Bana (1906–1949) 1928 gegründete Bewegung der Moslembrüder fordert eine rigorose Orientierung an dem Islam. Dessen Gesetze, die Scharia, sollten die allein verbindliche Rechtsquelle sein. Zudem kennt der Islam keine Trennung von Religion und Staat. Religionen sind per se nicht tolerant.

 

Die Wirklichkeit eines von Islamisten regierten States lässt sich in Iran beobachten. Khomeini und die Islamisten besaßen Ende der 70er Jahre die Zustimmung eines Großteils der Bevölkerung. Aber demokratische Wahlen sind keine Garantie für ein demokratisches Regiment. Einmal an der Macht, entledigten sich die Mullahs ihrer bürgerlichen Verbündeten, die realen und vermeintlichen Gegner wurden und werden verfolgt und vielfach umgebracht. Die Fundamentalisten denken nicht daran, ihre Macht wieder abzugeben. Sie wird mit Gewalt verteidigt. Zugleich betreibt Teheran Iran eine aggressive Außenpolitik und strebt nach dem Besitz von Massenvernichtungswaffen.

 

In Ägypten und nach dem Sturz Assads in Syrien droht ein vergleichbares Szenario. Am Nil errangen die Moslembrüder und die radikaleren Salafisten eine satte Mehrheit. Sie werden danach trachten, systematisch ein islamistisches Regime zu errichten, die bürgerlichen Parteien und die koptischen Christen zu entmachten und schließlich eine gewaltsame Auseinandersetzung mit Israel zu suchen. Wer das nicht begreifen will, verschließt seine Augen vor der Wirklichkeit.