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Rotary Entscheider

Vermittler in Sachen Karriere

Rotary Entscheider - Vermittler in Sachen Karriere
Personalberater Heiner Thorborg (72) in seinem Frankfurter Büro © Bastian Frank

interview Diskretion ist sein wichtigstes Gut, die Vermittlung von Top-Managerinnen
in Spitzenpositionen seine Mission: Heiner Thorborg weiß als einer der rennomiertesten Personalberater Deutschlands als erster, wenn in Dax-Unternehmen eine Stelle frei wird

Anne Klesse14.06.2017

Sein Büro in der Bauhaus-Villa in Frankfurt-Sachsenhausen ist tiptop aufgeräumt. Anthrazitfarbener Teppich, weiße Backsteinwände, funktionales Mobiliar. Einzig die Kunst in dem hellen Raum ist auffällig: Auf einem Stehpult sitzend schaut eine kleine Figur, die Skulptur „Weltanschauungsmodell 1A“ des Künstlers Ottmar Hörl, mit einem Fernglas in den angrenzenden Innenhof. An den Wänden hängt moderne Kunst, hinter dem Glasschreibtisch eine Fotokollage. Eingerichtet hat sich das Büro ­einer der einflussreichsten deutschen Personalberater und Headhunter: Seit drei Jahrzehnten vermittelt Heiner Thorborg die Spitzen der deutschen Wirtschaft. 

Herr Thorborg, muss man sich Ihre ­Arbeit etwa so vorstellen: Morgens klingelt Ihr Telefon und am anderen Ende ist der Vertreter eines Dax-Unternehmens, das einen neuen Vorstandsvorsitzenden sucht und Sie beauftragt, eine passende Person zu finden?
So ungefähr läuft es tatsächlich. Mein Arbeitsalltag besteht hauptsächlich darin, zu telefonieren und Menschen zu treffen. Meine Auftraggeber sind fast immer ­Aufsichtsratsvorsitzende oder Vorstandsvorsitzende, die eine Vorstands- oder Aufsichtsratsposition zu besetzen haben. Natürlich bekomme ich regelmäßig auch Anfragen von Führungspersönlichkeiten, die sich neu orientieren möchten. In diesem Zusammenhang sind persönliche Empfehlungen stets hilfreich. Sie müssen allerdings in ihrer beruflichen Entwicklung bewiesen haben, dass sie für Top-­Management-Positionen das Potenzial haben oder entsprechende Erfahrung mitbringen.

Welche Eigenschaften müssen diese Top-Manager/innen denn in jedem Fall mitbringen?
Neben einer unbestrittenen Fachkompetenz lege ich allergrößten Wert auf einen tadellosen Charakter und damit Werte und Tugenden, mit denen ich mich identifizieren kann. Dazu gehören: ein hohes Maß an Empathie, Integrität, Loyalität, Fairness, eine Wertschätzung anderen gegenüber, die nicht von der hierarchischen Position abhängig ist. 

Und was muss ein Personalberater wie Sie an Rüstzeug im Gepäck haben, um Top-Position und Top-Manager ­zusammen zu bringen?
Personalberatung, wie wir sie verstehen, ist im Grunde genommen hochwertiger Vertrieb. Den Unternehmen, die uns ­beauftragen, sind wir Partner auf Zeit. Wir sind Dienstleister und Experten auf unserem Gebiet. Diskretion ist für uns eine Selbstverständlichkeit, das wissen unsere Gesprächspartner auf beiden Seiten sehr zu schätzen. Auf dieser Ebene ist eine langjährige Erfahrung, verbunden mit einem großen Beziehungsnetz, gefragt. Man muss ein Gespür für Menschen haben, das setzt ein großes Inte­resse für Menschen voraus. Hier geht es nicht um intellektuell anspruchsvolle Analysen, sondern schlicht und einfach um Erfahrung und Bauchgefühl oder ­Intuition. Da mein Erstkontakt zumeist am Telefon stattfindet, muss ich selbst sympathisch und seriös rüberkommen. Wenn ich einen schlechten Tag habe, was selten vorkommt, telefoniere ich ­lieber nicht.

Wie beginnen Sie an einem guten Tag einen solchen Anruf?
Glücklicherweise sind mein Name und meine Reputation den allermeisten ­Gesprächspartnern geläufig; ich muss mich also nicht mehr vorstellen. Ich konzentriere mich auf eine knappe Zusammenfassung der zu besetzenden Position, ich nenne zuerst den Namen des Unternehmens, für das ich suche; das ist der ­effizienteste Weg, einen Dialog zu beginnen, der in zwei Richtungen gehen kann. Entweder zeigt die Person selbst Interesse oder hilft mit Empfehlungen. In der ­Regel folgt dann ein persönliches Kennenlernen.

Wie entscheiden Sie, ob Sie jemanden für eine Position vorschlagen? 
Es ist eine Kombination aus entsprechender Karriereentwicklung und persönlicher Passgenauigkeit. Es geht nicht darum, den Besten zu finden, den gibt es gar nicht, sondern die Person, die am besten zu dem suchenden Unternehmen passt. Ich versuche gar nicht erst eine wissenschaft­liche Herangehensweise, sondern höre lieber auf meinen Bauch. Mein Gefühl trügt mich selten. Es gibt natürlich auch mal Überraschungen, gute wie schlechte. Vielleicht ist das auch das Geheimnis unseres Erfolges: eine Mischung aus ­Lebenserfahrung und permanentem ­Dazulernen. 

2007 haben Sie die Initiative „Gene­ra­tion CEO“ gegründet, ein Business Netzwerk für Frauen im Topmana­gement. Warum treibt Sie als Mann die Karriere von Frauen um?
Ich habe schon sehr lange im Personal­beratungsgeschäft mit der ersten Führungsebene zu tun. Irgendwann fiel mir auf, dass ich nie Frauen traf. Ich habe immer nur Männer interviewt und auch die Klienten waren ausschließlich männlich. Branchenübergreifend herrschte ein stillschweigender Konsens nach dem Motto „Geeignete Frauen gibt es ja sowieso nicht“. Das kann ja nicht stimmen. Denn beim Uniabschluss und im ersten Job ist der Anteil von Männern und Frauen noch etwa gleich. Aber je höher die Ebene, auf der man sich umschaut, umso geringer der Frauenanteil. Ganz oben im Unternehmen sitzen meist nur Männer. Ich selbst arbeite sehr gerne mit Frauen ­zusammen, in meinem Büro bin ich der einzige Mann. Also habe ich angefangen, Frauen zu diesem Thema zu interviewen. Am Ende entstand gemeinsam mit Barbara Bierach das Buch ‚Oben ohne‘, das den Frauen Mut machen sollte. Doch das Buch landete irgendwo ganz hinten in der betriebswirtschaftlichen Ecke der Buchläden, wo es niemand las. Daraufhin haben wir das Netzwerk Generation CEO gegründet. 

Was ist das Ziel dieses Business-­Netzwerks?
Wir möchten Frauen sichtbar machen. Auch in Deutschland gibt es viele Frauen, die das Zeug haben, bis in die oberste Führungsebene aufzusteigen.

Waren Sie erfolgreich, hat sich Ihrer Erfahrung nach etwas verändert in den Führungsetagen Deutschlands?
Es geht nur langsam voran, aber es hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Dies ist allerdings kein typisch deutsches, sondern ein weltweites Problem. Ermu­tigend ist, dass sich das Denken in den hauptsächlich männlich besetzten Vorständen langsam ändert. Das ist der Ausgangspunkt, der Chef muss es wollen, muss Vorbild sein und seine Mitarbeiter dazu motivieren, Führungspositionen mit Frauen zu besetzen. Es gibt genügend Studien, die zeigen, dass gemischte Teams erfolgreicher sind als rein männliche. Dies gilt übrigens ebenso für Diversity in Bezug auf kulturelle Herkunft, auf Religion und so weiter. Doch das muss auch in den Köpfen der Entscheider ankommen.

Wie soll das geschehen?
CEOs müssen die Förderung von Frauen auf die Unternehmensagenda setzen. Sie dürfen keinen Zweifel an diesem Ziel ­zulassen. In der Konsequenz muss es denjenigen Mitarbeitern, die nicht mitziehen oder mauern, an die eigene Tasche gehen: Wer sich sträubt, muss das ganz konkret in seinem Bonuspaket zu spüren bekommen. Oder das Unternehmen verlassen. In diesem Punkt sind allerdings nur ­wenige CEOs entsprechend konsequent.

Ist die Frauenquote hilfreich? 
Ich persönlich lehne eine staatlich verordnete Quote ab, weil sie nicht zu einem Umdenken führt. In den Aufsichtsräten ist die 30-Prozent-Quote nahezu erfüllt, das hätte man auch wunderbar ohne Quote erreichen können. Auf der Vorstandsebene verharren wir bei circa fünf Prozent. Eine deutliche Steigerung auf dieser Ebene erreichen wir nur, wenn das Top-Management sich klar dazu bekennt und entsprechend handelt. Andererseits müssen sich Frauen aber auch an die ­eigene Nase fassen: Sie müssen das Richtige studieren, dürfen nicht zu lange in Elternzeit gehen, nicht Teilzeit arbeiten. Die ungleiche Verteilung der Arbeit muss schon in den Kitas angegangen werden, Jungen und Mädchen genderblind, also unabhängig von ihrem Geschlecht, erzogen werden. Das muss sich dann in der Schule fortsetzen und so weiter.

Sie haben auf die Wichtigkeit von guten Netzwerken hingewiesen – was bedeutet Ihnen das Rotarische Netzwerk?
Mein Rotary Club bedeutet mir viel, ich verbringe gerne Zeit mit meinen rotarischen Freunden. Allerdings bin ich der Meinung, dass sich alle Clubs für Frauen öffnen sollten. Vor vielen Jahren habe ich bereits einmal einen Anlauf unternommen für meinen eigenen Club, vor einigen Monaten hat es nun endlich geklappt. Mittlerweile haben wir zwei Mitgliede­rinnen. Ich habe jetzt eine Liste von interessanten potenziellen Rotarierinnen weitergegeben – mal sehen, was daraus wird. Ich bin zuversichtlich.