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Porträt

Klang von Weltrang

Porträt  - Klang von Weltrang
Museale Kulisse: Udo Schmidt-Steingraeber in seinem Elternhaus. Im Hintergrund der Liszt-Flügel im historischen Rokokosaal © Foto: Bastian Frank

„Steingraeber & Söhne“ fertigt seit 165 Jahren Flügel und Klaviere in Bayreuth. Udo Schmidt-Steingraeber führt das Familienunternehmen in sechster Generation

Anne Klesse01.04.2017

Als er an den Gralsglocken steht, scheint der gesamte Saal zu vibrieren. Udo Schmidt-Steingraeber schlägt die langen, vertikal aufgezogenen Saiten des Instruments: C – G – A – E in tiefstem Bass, die vier Töne des Glockengeläuts in Wagners „Parsifal“. Er dreht sich langsam um, wie beseelt vom Klang. In diesem Moment passt Udo Schmidt-Steingraeber perfekt in diese Kulisse. Alles um ihn herum atmet Geschichte: das Haus, das Instrument, die Werkstatt nebenan.

Verwurzelung in Bayreuth
Das Haus in der Friedrichstraße ist eines der wenigen weitgehend original erhaltenen Rokokobauten in Bayreuth. Seit 1852 fertigt „Steingraeber & Söhne“ hier Pianos und Flügel. Gegründet worden war der Be­trieb bereits in den 1820er Jahren, damals noch nahe Weimar in Thüringen. Erst die zweite Generation ließ sich in Bayreuth nieder.

Das Instrument, das Udo Schmidt-Steingraeber gerade vorgeführt hat, ist eine Replik der Erfindung seines Urgroßonkels Eduard Steingraeber. 1881 hatte Richard Wagner den Klavierbauer mit der Konstruktion eines solchen Instruments beauftragt. Vier Glocken, 20 Töne tiefer als die tiefste Glocke des Wiener Stephansdoms, sollte es produzieren. Heraus kam das Gralsglockenklavier, dessen Replik nun an Opernhäuser weltweit vermietet wird.

Die Werkstatt ist eine von nur etwa zehn Manufakturen weltweit, die Klaviere und Flügel auf Spitzenniveau in Handarbeit baut.

Klavierstunden am Liszt-Flügel
Udo Schmidt-Steingraeber ist in Manufak­tur und Museum zwischen Handwerkern und Künstlern aufgewachsen. An wertvol­len historischen Instrumenten wie dem berühmten Liszt-Flügel von 1873 im Roko­kosaal seines Elternhauses lernte er Klavierspielen. Er studierte Kunstgeschichte, Theaterwissenschaften, Betriebswirtschaft und Jura in München. Allerdings verfolgte er nur Jura bis zum Schluss. Für ihn „eine Denkform, die in jeder Lebenslage eine Hilfe sein kann“. Probleme versuche ein Jurist nicht zu lösen, sondern sie zunächst in viele kleine Probleme zu unterteilen. „Irgendwann ist das ursprüngliche Hauptproblem so atomisiert, dass es einfach zu lösen ist.“ Udo Schmidt-Steingraeber lacht. Seine Frau ist Volljuristin und arbeitet als Rechtsanwältin, hilft aber im Unternehmen, wann immer sie gebraucht wird. Auch die Kinder, Sohn Alban, 22, und Tochter Fanny, 19, vertreten den Familienbetrieb bereits auf Messen.

Udo Schmidt-Steingraeber führt das Geschäft in sechster Generation, 1980 übernahm er es von seinen Eltern. Damals steckte er gerade in den Vorbereitungen für das zweite juristische Staatsexamen. Sein Plan war, anschließend zu den „Literaten in der Jurisprudenz – von Goethe bis Handke“ zu promovieren. Doch dann starb sein Vater und er musste zurück nach Bayreuth.
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Handwerk und edle Materialien

Er selbst bezeichnet sich heute als „Schmal­spurjurist und eine Mischung aus Handwerker, Klavierliebhaber und Hausmeister“. Als diese wirbelt er durch die verzweigten Räumlichkeiten. Das Motto der Manu­faktur: „Dem echten Instrumentenbauer dürfen Maschinen nur assistieren.“ Die 35 Mitarbeiter arbeiten zum Teil seit Jahrzehnten im Betrieb. Schmidt-Steingraeber trommelt mit den Fingerknöcheln auf das Holz eines gerade fertiggestellten Resonanzbodens, horcht, pudert Vogelsand da­rauf. Mit einem Hammer klopft er den Steg ab. „Dort, wo sich der Sand sammelt“, erklärt er, „muss noch gehobelt werden.“ Das Holz des Resonanzbodens sei mindestens 200 Jahre lang windstill in 1000 Metern Höhe gewachsen: Fichte aus dem Vorarlberg und dem Salzburger Land.

Obwohl er von morgens bis abends mit den Musikinstrumenten zu tun hat, wird Udo Schmidt-Steingraeber dieser nicht überdrüssig. Im Gegenteil: Er führt gerne durch die Werkstätten. Hier werden gerade Gussplatten für Flügel bearbeitet, dort Hammersätze intoniert. Es wird justiert und reguliert. „Klang ist ein ganz großes Thema“, ruft er und breitet theatralisch die Arme aus. „Hier im Intoniersaal wird aus dem Instrument herausgeholt, was Mechaniker, Schreiner und Saitenspinner vorbereitet haben.“